Wann immer -- und das ist in letzter Zeit ja häufig -- in Deutschland die Frage der Kurden diskutiert wird, erfolgt das zumeist auf einem sehr abgehobenen Niveau. Da wird über die Lage in der Türkei, über Bleiberecht oder Abschiebung aus Deutschland oder ganz allgemein über die historische Situation diskutiert. Allzu leicht verliert der Betrachter dabei jedoch aus dem Auge, daß man hier über Menschen redet. Und allzu leicht ist die Diskussion deswegen auch wenig mitfühlend. Darum sollten viele Mitbürger einmal einen Blick in Devrim Kayas Buch werfen, denn hier wird die ganze Problematik aus einer anderen Sichtweise geschildert, nämlich der einer direkt Betroffenen. Die Kurdin Kaya beginnt ihre bewegende Geschichte mit der Schilderung ihrer harten Jugend: Hin- und hergerissen zwischen rauhen Eltern und verständnisvollen Großeltern versucht das junge Mädchen in einer Türkei zurecht zukommen, die alles Kurdische verbietet. Als sie dann Begeisterung für die kurdische Arbeiterpartei PKK entwickelt, wird sie verhaftet. Die anschließende Zeit der Haft und Folter wird von Kaya erschütternd genau geschildert. Nach ihrer Flucht nach Deutschland sieht sich die junge Frau mit einem unmenschlichen deutschen Verwaltungsapparat konfrontiert, der ihr ein Bleiberecht verweigert. Kaya macht bei ihren Schilderungen nicht den Fehler, zu sehr ins Einseitige zu verfallen. Sie geht ebenso kritisch an Aspekte der kurdischen Kultur heran wie auch an ihre anfängliche Begeisterung für die PKK. Dabei liefert sie eine eindrucksvolle emotionale Schilderung der Ereignisse -- und genau das ist die Stärke dieses Buches: Es ist keine theoretische Abhandlung, sondern die Schilderung eines wirklichen Lebens. So ist das Buch hilfreich, um einen Blick in eine unbekannte Türkei, aber auch in ein für viele unbekanntes Deutschland zu werfen. --Joachim Hohwieler Quelle:
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