Weegee (1899-1968) war so etwas wie der rasende Fotoreporter Amerikas. Oft fuhr er mit quietschenden Reifen und Sirene im falschen Krankenwagen am Tatort vor, und hin und wieder entwickelte er Filmkassetten mit Aufnahmen von Kriminellen illegal in der leeren Fahrerkabine eines rollenden U-Bahn-Zugs. Als Liebling der New Yorker Cops erhielt Weegee 1938 als erster Journalist die Erlaubnis zum Führen eines Polizeifunkgeräts. "Das Polizeihauptquartier war mein Club", notierte er 1961 in seiner Autobiographie Weegee by Weegee: "Ich saß in der Halle in meinem Lieblingssessel, die Kamera griffbereit, und rauchte eine Zigarette. Früher oder später kam hier alles vorbei, was Rang und Namen hatte." Rund 5.000 Bildreportagen sollen hier und auf den Großstadtstraßen entstanden sein -- wobei das Life Magazine Weegee auch schon mal nach der Anzahl der Kugeln entlohnte, die in der jeweils fotografierten Leiche steckten. Rechtzeitig zum 100. Geburtstag dieses ersten Hofporträtisten der amerikanischen Unterwelt hat der Schirmer/Mosel-Verlag mit Weegee's New York nun einen Klassiker der Dokumentarfotografie neu aufgelegt, der einen faszinierenden Einblick gewährt in dessen Lebenswerk: 335 klug ausgewählte Schwarzweißzeugnisse der dreißiger bis sechziger Jahre zeigen Brände, Unfälle und Morde, Soldaten, Stripperinnen und Artisten -- und werfen als Ganzes nicht zuletzt auch ein ebenso kaltes wie schonungsloses, blendend helles Schlaglicht auf die Schattenseiten der USA. Kein Verbrecher schaffte es auf die FBI-Bestenliste der meistgesuchten Kriminellen, ohne zuvor von Weegee abgelichtet worden zu sein. "Ich enthüllte nicht nur ihr Gesicht", heißt es dementsprechend selbstbewußt in Weegee by Weegee, "sondern auch ihre schwarze Seele". Die entlarvenden Bilder in Weegee's New York sind hierfür der Beweis. --Thomas Köster Quelle:
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