Michel de Montaignes Essais, im September 1998 in einer Prachtausgabe herausgekommen, erscheinen nun in Form einer Doppel-CD. Satte eindreiviertel Stunden, gelesen von einem unserer renommiertesten Schauspieler, Otto Sander. Es ist zum Beten schön! Wer war dieser Montaigne, der von Voltaire bis Lessing, ja sogar von Goethe hochgeschätzt wurde? Flaubert legte ihn George Sand ans Herz mit den Worten, "lesen Sie ihn von Anfang bis Ende, und wenn Sie fertig sind, beginnen Sie von neuem". 1533 auf dem Schloß seiner Eltern bei Bordeaux geboren, pflegte der kleine Michel mit seinem deutschen Hauslehrer nur lateinisch zu parlieren, der Grundstein seiner Entwicklung, wie er später berichtete. In Paris studierte er Jura, führte ein Lebemanndasein und kehrte schließlich in seine Heimatstadt zurück, wo er als späterer Bürgermeister äußerst beliebt wurde. Aber im Grunde war dies nicht seine Welt. Dem Menschen in all seiner Rätselhaftigkeit gehörte seine Liebe. Nach ausgedehnten Reisen, Beobachtungen und Liebesaffären erkannte der Humanist Montaigne seine eigentliche Bestimmung. 1571 begann er mit der Niederschrift seiner Essais. Ursprünglich zur eigenen Selbstfindung gedacht, gerieten sie zu einer monumentalen Reflexion über den Menschen an sich. Dies fand naturgemäß nicht nur Freunde. "Geile Worte", "große Geschmacklosigkeiten", geiferten einige Kritiker. Was wunderts, hatte er doch neben solch erhabenen Gedanken über antike Philosophen und den idealen Staat noch reichlich Zeit, sich übers männliche Glied weitschweifig und klug zu äußern. Auch schien ihm die Beobachtung seiner nächtlichen Blähungen oder der Beischlaf mit Schwangeren durchaus erwähnenswert. Völlig vorurteilsfrei und unaufgeregt, als einer, dem nichts Menschliches fremd ist, richtet Montaigne seine Gedanken auf vermeintlich kleine Dinge, die großen Denkern keinerlei Erwähnung wert gewesen wären -- und weist haarklein auf, wo das Leben in Wirklichkeit stattfindet. --Ravi Unger Quelle:
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