An das Märchen vom Aschenputtel fühlte sich der Rezensent der Wochenzeitung DIE ZEIT erinnert. Das stimmt: Der Aufstieg der Friede Springer vom Kindermädchen zur Regentin über das größte Zeitungshaus Europas hat etwas Märchenhaftes. Die Autorin Inge Kloepfer erzählt in ihrer Biografie die Geschichte Friede Springers einfühlsam und mit deutlicher Sympathie für die Porträtierte. Aber auch mit sicherem Gespür für Spannung. Nach dem Tod ihres Mannes, des Verlegers und Erfinders der Bild-Zeitung Axel Springer, war seine Witwe allein auf sich gestellt und musste sich gegen Miterben und Konkurrenten um die Aktienmehrheit durchsetzen -- eine Frau im Haifischbecken. Unversehens mutiert die Märchengeschichte zu einem Wirtschaftskrimi, der vom Beharrungsvermögen und der Durchsetzungskraft der lange als Dummchen vom Lande belächelten Verlegergattin erzählt. Schachzug für Schachzug beschreibt Inge Kloepfer, wie sich Friede Sringer die Macht im Verlag zurückerobert und am Ende über ihren wichtigsten Konkurrenten Leo Kirch triumphiert. Der hatte Aktienpaket um Aktienpaket des Springer-Verlages aufgekauft -- und musste am Ende mit ansehen, wie sein Medienimperium zerbrach. Friede Springer indes sicherte sich die Aktienmehrheit und wurde zu unangefochtenen Herrin in dem Verlagshaus. „Sie ist ebenso diskret wie machtbewusst, unter den deutschen Verlegern ist sie vielleicht die mächtigste“, charakterisiert die Inge Kloepfer die Verlegerin, die ihr in vielen Gesprächen ihr Leben erzählt hat. „Vorbehaltlos offen und ohne Rücksicht auf die eigene Person“, wie die Autorin schreibt. Diese Nähe war Voraussetzung für die einfühlsame und authentische Schilderung des Lebens von Friede Springer. Doch nährt manche Passage des Buches die Vermutung, dass die Nähe vielleicht zu groß war. Größer vielleicht, als es einer Biographie gut tut. Denn die verlangt neben Einfühlungsvermögen auch Distanz. Daran aber mangelt es dem Buch bisweilen. -- Winfried Kretschmer Quelle:
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