Lanzarote ist die ideale Kulisse fĂŒr Die Möglichkeit einer Insel des französischen Skandal-Autors Michel Houellebecq. Nicht nur, dass sie wegen ihres schwarzen Vulkangesteins so unwirklich erscheint wie der rein fiktive Seinszustand des Titel gebenden Eilands -- der reinen âMöglichkeitâ der Insel -- es verlangt. Sie wirkt auch so, als habe sie eine unendlich alte Vergangenheit. Und doch scheint sie direkt aus einem Science-Fiction-Film entsprungen. Die ideale Kulisse. Denn Houellebecq erzĂ€hlt von ewigen Dingen wie dem GlĂŒck der Liebe und dem Schmerz des Alterns. Aber er projiziert das Ganze in eine ferne Zukunftszeit. Die Möglichkeit einer Insel spielt in einer Welt, wie sie der Autor, Interviews gemĂ€Ă, in zweitausend Jahren tatsĂ€chlich erwartet. Menschen sind beinahe ausgestorben und vagabundieren in versprengten HĂ€uflein durch die zerstörten GroĂstĂ€dte. LĂ€ngst sind sie ersetzt von durchnummerierten Klonen, die allenfalls noch durch die schriftlich fixierten Biografien des humanen Ausgangsmaterials mit ihren Gen-Gebern verbunden sind. So sieht sich auch Daniel, der Hauptheld des Buchs, mit den Kommentaren seiner unzĂ€hligen DoppelgĂ€nger konfrontiert: Immer wieder werden seine AusfĂŒhrungen von den Echos der âNeo-Menschenâ Daniel24 oder Daniel25 unterbrochen. Daniel ist auf der Suche nach dem GlĂŒck -- der eigentlichen âMöglichkeit einer Inselâ inmitten der genetischen Indifferenz der schönen neuen Welt. Er findet sie in Isabelle, die ein Magazin namens âLolitaâ herausgibt -- und in diesem Titel liegt bereits die ganze Tragik festgeschrieben. Denn Isabelle kann nicht fĂŒr immer Kindfrau bleiben, und Daniel muss weiter, zu Esther, 22 Jahre alt. Aber auch der mehrfach gespiegelte Held des Romans wird Ă€lter und fĂ€llt, âhoch in den Vierzigernâ, inmitten einer Welt aus lauter Körperkult durchs Raster. Die âMöglichkeit der Inselâ ist bloĂe Illusion. Auch wenn im Buch alle Motive frĂŒherer BĂŒcher Houellebecqs wiederkehren, so hat er sie in diesem doch am besten, groĂartigsten miteinander verknĂŒpft. Die vormals ĂŒberwiegende Lust am Untergang ist einer nĂŒchternen Resignation gewichen -- auch der Autor, der seinem Daniel stark autobiographische ZĂŒge verliehen hat, ist Ă€lter geworden. Und er hat gelernt, noch etwas besser zu erzĂ€hlen. --Isa Gerck Quelle:
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