Mit Gisela Bocks Frauen in der europäischen Geschichte. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart wird zum ersten Mal der Beitrag einer Autorin in die Reihe Europa bauen aufgenommen. Die international renommierte Historikerin befindet sich in illustrer Gesellschaft u.a. neben Peter Burke und Umberto Eco. Mit der Wahl von Bocks eindrucksvoller Studie zu einem halben Jahrtausend europäischer Frauengeschichte tragen die fünf Verleger von Europa bauen nun endlich auch der Geschichte der Frauen Rechnung. Gerade weil in diesem Rahmen die aktive Gestaltung eines neuen Europa diskutiert wird, muss die Frage der Gleichstellung von Mann und Frau im wirtschaftlichen, politischen, sozialen, religiösen und kulturellen Leben berücksichtigt werden. Gisela Bocks Werk führt vor Augen, wie lange der schonungslose Kampf der Frauen um diese Gleichstellung bereits andauert und in wie weit auch die gegenwärtigen feministischen Bemühungen Ergebnisse einer Jahrhunderte alten Tradition des Widerstands sind. Die querelle des femmes, der europäische Streit um die Geschlechter, der im Mittelpunkt des Textes steht, wurde etwa seit dem Mittelalter ausgetragen. In Schmäh- und Hetzschriften wetterten Männer seit der Frührenaissance verstärkt gegen das verhasste weibliche Geschlecht. Anders denkende Frauen und manchmal auch Männer antworteten ihnen in frauenfreundlichen Texten. Zunächst wurde heftig debattiert, ob Frauen auch Menschen seien. Als diese Frage weitgehend geklärt war, erhitzten sich die Gemüter an dem Streitpunkt, ob Frauen gar wie Männer wären. Eine neue Intensität erreichte die Auseinandersetzung dann zur Zeit der französischen Revolution, die gerade auch aus der Sicht der Frauen den Aufbruch in ein neues modernes Zeitalter darstellt. Frauen nahmen als Bürgerinnen politische Bedeutung an, sie wurden im Erbrecht gleichgestellt und durch ein Scheidungsgesetz in ihrem Emanzipationsdrang maßgeblich unterstützt. Der Name Olympe de Gouges repräsentiert wie kein zweiter den weiblichen Widerstand dieser Zeit. Gisela Bock informiert in einem leserfreundlichen Stil (so weit ein wissenschaftlicher Essay das zulässt), konzise und mit hohem Sachverstand über Frauen wie u.a. Olympe de Gouges oder Mary Wollstonecraft, die gemessen an ihren Leistungen noch immer viel zu wenig Aufmerksamkeit erhalten. Bocks Darstellung der europäischen Geschichte der Frauen ruft mitunter das blanke Entsetzen über die Brutalität der Unterdrückung von Frauen hervor. Zum Entsetzen gesellt sich die Bewunderung für diejenigen, die sich wehrten -- und zu guter Letzt die Erkenntnis, dass die querelle des femmes auch im Jahr 2000 noch nicht zu Ende ist. Denn wer kennt nicht einen, der da noch heute denkt, "Frauen seien wankelmütig und leichtsinnig, verlogen und intrigant, spitzfindig und schlau, boshaft und unersättlich, treulos und eifersüchtig"(22)? --J. Hager Quelle:
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