Der argentinische Tango ist der erotischste aller PaartĂ€nze -- so zumindest lautet eines der vielen Klischees, die mit dem Tango verbunden werden, vielleicht ist es sogar das beharrlichste. Was es damit auf sich hat, wollen Petra Steidl und Ralf Sartori in ihrem Buch klĂ€ren. Und zwar gehen sie diese Frage aus zwei Richtungen gleichzeitig an, umkreisen sie -- passend zum Thema -- langsam, ausdauernd und mit einigen interessanten kleinen Schlenkern: Sartori aus seiner Sicht als Tangolehrer -- Steidl als Musikwissenschaftlerin und Philosophin. Die einende Kraft des tanzenden Eros -- auch wenn der Titel etwas geschwollen und esoterisch klingt, trifft er doch den Kern der Sache: wie die Anziehungskraft zwischen Körpern zu einem Spiel der Beine und Blicke, wie aus zwei Einzelwesen fĂŒr die drei Minuten eines TangostĂŒckes eine Einheit in Bewegung werden kann. "Einheit in der Bewegung" ist das Ideal des Tangos: "Der Körper als Ganzes bewegt sich aus seiner Mitte heraus in Einheit mit dem GefĂŒhl des Augenblicks. Auf dieser Grundlage vereinigen sich Mann und Frau zu einem tanzenden Ganzen, zu einer gemeinsamen Intention." Dass der Tango auch ein verĂ€ndertes KörpergefĂŒhl erfordert, weiĂ jeder, der sich einmal an diesem Tanz versucht hat. Eine neue Tanzfigur lernt man in zehn Minuten, lautet ein verbreiteter Spruch, das richtige Gehen lernt man in zehn Jahren. Hinter dem scheinbar Einfachen lĂ€sst sich eine ganze Philosophie der Bewegung, des Lebens und eben auch des Liebens entdecken -- wenn man denn möchte. Dieses Buch lĂ€dt alle TangotĂ€nzer ein, die Tiefe dieser Gedankenwelt mit ihren vielen Facetten zu entdecken. Die Renaissance des Tango in der heutigen Zeit hat nicht zuletzt auch mit der erotischen Komponente zu tun: Ausgelaugt von den KĂ€mpfen und Diskussionen des postmodernen GeschlechterverhĂ€ltnisses finden MĂ€nner und Frauen im Tango ein Medium, wo auf unbeschwerte Art mit mĂ€nnlichen und weiblichen Rollen gespielt und gelockt werden kann, ohne dabei gleich in die alten MachtverhĂ€ltnisse von Dominanz und Unterwerfung zurĂŒckzufallen. Sartori und Steidl zeigen in ihrem klugen Buch die SensibilitĂ€t des Tango, wo es auf winzigste Signale ankommt, die nur fĂŒreinander offene Partner ĂŒberhaupt wahrnehmen können. "Dieses Buch beschreibt zum ersten Mal den inneren Gehalt und die Philosophie des Tangos, die in der Bewegung ihren unvergleichlichen Ausdruck findet" -- auch wenn man auf den Klappentext nicht immer allzu viel geben sollte, in diesem Falle kommt er der Wahrheit recht nahe. --Christian Stahl Quelle:
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