Wissenschaft der Erfahrung des BewuĂtseins, so lautete der ursprĂŒngliche Titel von Hegels erstem, 1807 erschienenen Hauptwerk. Noch wĂ€hrend der Buchbindearbeiten wurde er abgeĂ€ndert in Wissenschaft von der PhĂ€nomenologie des Geistes, unter dem das Buch heute bekannt ist. Ăhnlich verwickelt wie die Titelfrage und die Entstehungsgeschichte sind Struktur und Aufbau des Werkes, das, wie schon von Zeitgenossen beobachtet wurde, zwischen der Individualentwicklung des zu sich kommenden Bewusstseins und der kollektiven Bildungsgeschichte der Menschheit unproportioniert schwankt. Wollte man den Inhalt bĂŒndig zusammenfassen, könnte man vielleicht sagen, dass die PhĂ€nomenologie des Geistes darstellen will, wie das absolute Wissen, nach Hegel die vollkommene Ăbereinstimmung von Wissen und Gewusstem, in verschiedenen Gestalten des Bewusstseins erscheint und an ihnen sich auswirkt. Dieser Weg des Erscheinens, gleichsam die Odyssee des menschlichen Geistes, hat ihr eigenes Bewegungsgesetz, fĂŒr das Hegel das Zauberwort Dialektik geprĂ€gt hat. Jeder erscheinende bewusstseinsmĂ€Ăige Ausgriff auf einen Gegenstand, in dem Wissen und Gegenstand zur Deckung gelangen sollen, erweist sich als unzureichend, so dass jede Gestalt ĂŒber sich hinausweist auf eine höhere, neue Bewusstseinsstufe, der sich die Erkenntnis wiederum anzugleichen hat. Erst wenn der Geist sich nicht nur anschaut, sondern sich wissend durchschaut hat, ist das Werden der Wissenschaft in der Philosophie vollendet. FĂŒr die Erforschung des menschlichen SelbstverstĂ€ndnisses in der historisch gewachsenen, modernen Wirklichkeit, ist die PhĂ€nomenologie des Geistes ein einzigartiges Dokument. LehrstĂŒcke wie die Dialektik von Herrschaft und Knechtschaft wurden zu einem SchlĂŒsseltext marxistischer Gesellschaftskritik und bilden noch heute einen AnknĂŒpfungspunkt in sozialphilosophischen Debatten. --Jens Kertscher Quelle:
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