In einer Zeit, da viele Menschen fürchten, der von Samuel Huntington geweissagte Kampf der Kulturen habe vielleicht bereits begonnen, kommt die vom Generalsekretär der Vereinten Nationen und Friedensnobelpreisträger des Jahres 2001 Kofi Annan ins Leben gerufene Initiative gerade recht. "Brücken in die Zukunft" wollen die 20 Autoren des Manifests für den Dialog der Kulturen weisen. Tatsächlich ist das Ziel dieses Appells, das da lautet "Ausgleich statt Konfrontation", ohne Alternative. Das nun in Buchform vorliegende Manifest geht zurück auf eine Resolution der 53. Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 16. November 1998, in der der Beschluss niedergelegt ist, das Jahr 2001 zum "Jahr des Dialogs zwischen den Kulturen" zu erklären. Ausgerechnet das Jahr also, dessen elfter September zum Inbegriff einer bis dahin unvorstellbaren Entfesselung des sich selbst tatsächlich als Kulturkampf verstehenden fundamentalistisch-islamistischen Terrors werden sollte. Selbstverständlich fordert der Appell keinen Ausgleich mit dem Terrorismus. Doch der djihadistische Terror steht für die islamische Kultur ebenso wenig wie der Terror der Katholiken und Protestanten in Nordirland für die christliche oder -- gottlob! -- die Politik Ariel Scharons für die jüdische Kultur. Und dennoch gilt es -- und dies zeigt dieser Band sehr eindringlich --, mit offenen Augen den Herausforderungen zu begegnen, die die voranschreitende Globalisierung als Wurzelgrund auch durchaus kultureller Konflikte mit sich bringt. Dass hier ein erhebliches Konfliktpotenzial vorhanden ist, lässt sich trotz allem, was gegen die Kulturkampfthese einzuwenden ist, tatsächlich auch daran ablesen, dass "heute die lokalen Identitäten in ihrer ganzen Verbreitung und Fülle, die sich durch Begriffe wie Ethnizität, Sprache, Herkunft, Religion und Tradition definieren lassen, wieder auferstanden sind als bedeutende Kräfte". Und so wenig von der erstarkenden Rückbesinnung auf Religion und Tradition gerade in den von der Globalisierung tendenziell benachteiligten Schichten und Regionen der direkte Weg in den Kulturkampf führt, so wenig darf man die Augen davor verschließen, was denn die Ursachen für die Wiederkehr der Religionen sind, wie sie sehr schön etwa Martin Riesebrodt in seinem gleichnamigen Buch herausgearbeitet hat. Zu den 20 Autoren dieses Manifests, dem außer dem deutschen Außenminister auch der Rezensent an dieser Stelle eine breite Verbreitung wünscht, zählen neben Jaqcues Delors, Nadine Gordimer, Prinz El Hassan bin Talal und Javad Zarif auch Hans Küng, Amartya Sen und Richard von Weizsäcker. Möge ihr Appell nicht ungehört verhallen. --Andreas Vierecke Quelle:
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