Das, was gemeinhin städtisches Leben oder Urbanität genannt wird, ist ein markanter historischer oder aktueller Ausdruck des Selbstverständnisses und der Erfahrungsbestände einer Kultur. In den großen Städten verdichten sich nicht nur die Krisen und Konflikte einer Gesellschaft - sie sind auch der Schauplatz ihrer Erfindungskraft, ihres organisatorischen Vermögens, ihrer Toleranz, ihres Gestaltungswillens. Kurz, in ihrer inneren und äußeren »Ordnung« spiegelt sich jeweils das Selbstbild eines Zeitalters, einer Zivilisation. Sie sind Agenturen des sozialen Wandels und Gedächtnisspeicher, Brutstätten des Werdenden und Monumente des Gewordenen. Das neue Buch von Richard Sennelt, der mit Verfall und Ende des öffentlichen Lebens. Die Tyrannei der Intimitat auch hierzulande viele Diskussionen ausgelöst hat, ist eine Strukturanalyse der Urbanen Lebenswelt und ihrer sozialen, architektonischen und existentiellen Formensprachen. Es handelt von der Funktion der Straßen und Platze, von der Raum- und Zeiterfahrung, von den Verhaltensstilen, den Geselligkeits- und Verständigungsmustern in den großstädtischen Gemeinschaften. Es ist ein leidenschaftliches Plädoyer für den »Geist der Civitas« und die »Kultur des Unterschieds«. Sennett schreibt Stadtgeschichte als Kulturgeschichte. Er wirbt für die Vielfalt großstädtischer Kultur und für die Beherzigung des Unvertrauten, Fremden, Befremdenden. Sein Buch ist ein vehementer Vorschlag, unsere Augen zu öffnen und offenen Blicks zu leben. Quelle:
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