Warum, so mag sich mancher fragen, bescheren uns die Verlage alle Jahre wieder mindestens eine neue Kunstgeschichte? Die Antwort ist einfach: Weil sich die Entwicklung der bildenden Kunst von ihren Anfängen bis ins 20. Jahrhundert offenbar immer wieder überraschend neu präsentieren -- und so mit neuen Einsichten und Aspekten versehen -- lässt. Ein gutes Beispiel hierfür ist das neue Reclam Buch der Kunst des 56-jährigen Kunstwissenschaftlers Christoph Wetzel. Abschnitte zu acht in der Kunstwissenschaft etablierten Zeiträumen beschäftigen sich anhand von zehn kundig ausgewählten Kategorien mit Material und Technik, "Gestaltungsaufgabe" und -mitteln, Thema und Symbolik, Stil und Wirkungsgeschichte von Kunstwerken sowie mit Künstlern, Kunstzentren und Kunstbetrieb. Auf jeweils einer Doppelseite werden neben einem informativen Haupttext in Randspalten noch zahlreiche Nebenaspekte der Themenbereiche, Bildbeschreibungen zu den zahlreichen, vorzüglich gedruckten Abbildungen sowie biografische Abrisse zu herausragenden Malern und Bildhauern mitgeliefert. Da wirft bereits die eigenwillige Struktur ein bisweilen überraschendes Schlaglicht auf Gemälde, Skulpturen und Gebäude. Dabei war Wetzel klug genug, die von ihm benutzten Kategorien nicht nach einem starren Schema, sondern in relativ lockerer Reihung zu verwenden: Ausführliche Überlegungen zu Kunstzentren und zum Kunstbetrieb der Vor- und Frühgeschichte wären natürlich deplaziert gewesen. In anderen Epochen aber erweist sich die Idee als äußerst fruchtbar. So erhält der Leser von der Höhle von Lascaux bis zum Holocaust-Mahnmal in Berlin bzw. von "Grabbau" bis zu "Event" und "Multimedia" einen guten und gut lesbaren, werk- wie rezeptionsästhetisch gleichermaßen fundierten Überblick über beinahe 14.000 Jahre Kunstgeschichte. --Thomas Köster Quelle:
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