Nach dem besten Film aller Zeiten gefragt, erhält man häufig Citizen Kane als Antwort. Orson Welles hat 1941 ein Kinostück erschaffen, das film- wie erzähltechnisch Maßstäbe setzte und immer wieder zu unterschiedlichen Interpretationen anregte. Lange war Citizen Kane, so schreibt Laura Mulvey, ein "Fabelwesen" des Kinos. Heute, mit genügend Abstand, sehen wir den zeit- wie filmhistorischen Kontext klarer. Mulveys Herangehensweise an das Werk von Orson Welles ist eine moderne: Sie konstatiert, dass "der Film die herkömmlichen Beziehungen zwischen Leinwand und Zuschauer in Frage stellt und eine filmische Sprache entwickelte, die sich an die Sprache der Psyche anlehnt". Entsprechend wählte die britische Filmprofessorin ihren Untersuchungsansatz für die Geschichte um den Zeitungsmagnaten Charles Foster Kane. Sicherlich ist Citizen Kane eine, wie Mulvey sich ausdrückt, "Herausforderung für eine psychoanalytisch inspirierte feministische Filmtheorie". Dies ist ein möglicher Erklärungsansatz bei einem Film, der sich jeder überschnellen Analyse entzieht. Ob man nun Mulveys Methodik folgt oder nicht, interessant ist sie allemal. Und wer bereit ist, zwischen all der Filmtheorie zu suchen, der findet viele Informationen zu Welles' Film und seinen Hintergründen. Etwa dem Zusammenhang zwischen der Filmfigur Kane und dem realen Zeitungsverleger William Randolph Hearst. Mulveys theorielastiges Buch verschreckt manchen vielleicht durch Sätze wie "Die psychoanalytische Thematik des Films kreist um ein ödipales Trauma und um Fetischismus". Wer aber Citizen Kane kennt, weiß um den Sinn solcher Gedankengänge. Letztlich reiht sich dieser Band nahtlos in die Buchreihe des Europa Verlags über Filmklassiker ein. Wo bereits Die Vögel, Zwölf Uhr mittags oder Tote schlafen fest betrachtet wurden, darf ein Band über Citizen Kane einfach nicht fehlen. --Joachim Hohwieler Quelle:
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