Diese Buch lädt auf ganz besondere Spaziergänge durch die Stadt Wien ein. Verlassen Sie die heiteren, frühlingsseeligen Pfade und tauchen Sie ein in die dunklen Bezirke der Stadt (so auch der Untertitel von Hans Veigls Morbides Wien). Wien wird ein inniges Verhältnis zum Tod nachgesagt, und vorliegender Band ist ein gelungener Reiseführer, um diesem Naheverhältnis auf die Spur zu kommen. Im 1. Bezirk zum Beispiel findet sich das Wohnhaus Angelo Solimans, eines ehemaligen Sklaven, der in der Barockzeit nach Wien kam und -- gebildet und geachtet -- ein Freund von Fürsten und Adeligen wurde; was ihm aber nicht ersparte, nach seinem Tod ausgestopft und zehn Jahre lang als Kuriosum ausgestellt zu werden. Am Hohen Markt, einem der ältesten Marktplätze, befand sich auch die "Schranne", wo Delinquenten gefoltert und gerichtet wurden. Und am Schottenring erinnert das heutige Direktionsgebäude der Wiener Polizei nicht mehr an den verheerenden Ringtheaterbrand vom 7. Dezember 1881, der hunderten Menschen das Leben kostete -- ein Brand, verursacht durch Unvermögen eines Einzelnen, zur Katastrophe geworden durch Schlamperei und Inkompetenz vieler Verantwortlicher. Und so zieht sich die Spur durch ganz Wien, manchmal nur mehr als Straßennamen in Erinnerung (wie die Hetzgasse im 3. Bezirk, die vom ehemaligen Tierhetztheater ihren Namen erhielt), vom Mittelalter über das an Absonderlichem und Kuriosem so interessierte Barock bis zur Neuzeit (zum Beispiel der Aspangbahnhof als Ausgangsort der Deportation von Juden im "Dritten Reich"). Oft findet man sich fassungslos ob der Rohheit im Umgang mit Menschen; und doch ist auch Platz für Feinfühligkeit wie auf dem melancholischen "Friedhof der Namenlosen" im 11. Bezirk, wo Freiwillige den unbekannten Leichen aus der Donau eine letzte Ruhestatt ermöglichten -- Selbstmördern gleichermaßen wie verunglückten Schiffern oder Brückenbauarbeitern. Hans Veigl, Jahrgang 1948, lebt als freiberuflicher Schriftsteller in Wien. Zuletzt erschienen von ihm Wittgenstein in Wien. Ein biographischer Streifzug durch die Stadt und Die wilden zwanziger Jahre. Alltagskultur zwischen den Kriegen. Tief ist er in die Archive der Stadt eingedrungen, um uns eine ganz besondere Seite Wiens zu zeigen. Folgen Sie ihm; Sie werden die Stadt danach mit andern Augen sehen. --Christa Petri Quelle:
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