Die Annahme, dass die Geschlechtsidentität Schicksal ist, gehört seit etwa zwei Jahrzehnten der Vergangenheit an. In diesem exzellenten Buch erfährt der Leser, welche komplizierten biografischen, soziokulturellen und biochemischen Faktoren unsere geschlechtliche Identität beeinflussen. Die Autoren beleuchten historische Aspekte, liefern aktuelle Daten aus diversen Industrieländern und präsentieren theoretische Überlegungen aus verschiedenen psychologischen Teildisziplinen. Ein umfangreicher Abschnitt widmet sich den diagnostischen Verfahren, die zur Identifikation einer gestörten Geschlechtsidentität eingesetzt werden; denn nicht jedes abweichende Sexualverhalten ist gleichzeitig eine Identitätsstörung. Ein wesentliches Argument für dieses Buch sind die höchst aufschlussreichen Fallberichte. Sie belegen, wie problematisch Störungen der Geschlechtsidentität von den Betroffenen erlebt werden, wie stark sie leider immer noch sozialer Ächtung ausgesetzt sind und welche rechtlichen und medizinischen Barrieren überwunden werden müssen, um z. B. bei Transsexualität die Möglichkeit einer geschlechtsumwandelnden Operation zu bekommen. In diesem Zusammenhang wird auch erörtert, welche diagnostischen, medizinischen und psychotherapeutischen Interventionen vor solch einem Eingriff nötig sind. Und natürlich erfährt man auch etwas zum Leben nach der Operation. Sehr wertvoll sind darüber hinaus auch die prospektiven Untersuchungen zu Identitätsstörungen, deren Ergebnisse einige Anregungen für diagnostische und therapeutische Maßnahmen geben. Fazit: Ein ebenso wichtiger wie fachlich herausragender Beitrag zu einer Diskussion, die oft leider immer noch von Tabuisierungen und überholten Denkmustern geprägt ist. --Birgit Jahn Quelle:
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