Eigentlich hat der zynische Gentleman-Mörder Tom Ripley überhaupt keinen Grund mehr, tödlich kriminell zu werden. Schließlich gibt es Héloïse und die feine Küche der Madame Annette. Ripley besitzt nun einen Landsitz südlich von Paris inklusive Weinkeller, kann Hummer essen, wann er will, Scarlatti lauschen und sich die schönsten Rosen aus dem Garten holen. Warum also weiter morden? Aber diesmal ist alles anders. Diesmal stört nicht der kultivierte Killer die Ruhe seiner Umgebung, diesmal kommt die Bedrohung zu ihm selbst ins Haus. Und es ist eine Bedrohung, die man erst gar nicht als solche wahrnimmt: Der Gegner mit den billigen Armbanduhren und dem albernen Namen, der Ripley entgegentritt und scheinbar ohne jedes Motiv damit droht, seine dunkle Vergangenheit aufzudecken, ist nämlich gar nicht sein Niveau. Und trotzdem treibt er Ripley an den Rand des Wahnsinns. Denn der neue Nachbar lässt einfach nicht locker -- und träumt davon, in Ripleys Rolle zu schlüpfen ... Ripley Under Water ist Highsmiths fünfter und letzter Roman um ihre wohl faszinierendste und psychologisch tiefgründigste Krimi-Figur, und es ist zugleich ihr bester. Als das Buch 1991 erstmals erschien, fiel das allerdings nur Wenigen auf: Zu sehr hob sich der Band von den erfolgreichen Vorgängern Der talentierte Mr. Ripley (1955), Ripley Under Ground (1970), Ripley’s Game (1974) und Der Junge, der Ripley folgte (1980) ab. Und tatsächlich ist Ripley Under Water viel langsamer erzählt und entfaltet seine Geschichte weitaus gemächlicher als seine Vorgängerbände. Aber selbst da, wo Highsmith beschreibt, wie Ripley seine Rosen schneidet, entsteht eine feine Spannung, die schneidend ist. Das wird in dieser grandiosen Neuübersetzung von Matthias Jendis erst richtig klar. --Stefan Kellerer Quelle:
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