W. Somerset Maugham. Der stand doch in den 60er Jahren in jedem zweiten deutschen Wohnzimmer zwischen Salzstangenschälchen und Schwarzwaldpüppchen. Neben Via Mala von Knittel. Auch so ein literarischer Todeskandidat. Ich habe in unserer Familie niemals irgendjemanden diese Bücher je lesen gesehen. Wie kamen die damals in fast jeden Haushalt? Manchmal glaube ich, diese Wohnzimmerschrankliteratur schreckte viele Kinder so nachhaltig ab, daß sie für die Literatur künftig verloren waren. Erst sehr viel später -- dem Diogenes-Verlag sei Dank -- ist mir aufgegangen, welch unverschämt guter Erzähler Somerset Maugham war. Vor allem in seinen Kurzgeschichten lief er zu voller Größe auf. Er war nie der ganz große Tiefschürfer, aber auch lange nicht so seicht, wie ihn viele einstuften. Künstlerschicksale, menschliche Abgründe, das waren seine Themen, die er eloquent, aber auch mit großer Herzensbildung aufbereitete. Irgendwie ging man aus seinen Büchern immer gestärkt hervor, sie besaßen einfach eine unglaubliche erzählerische Kraft. So auch Silbermond und Kupfermünze. Es ist die Geschichte von Charles Strickland (angeregt durch die Figur des Malers Paul Gauguin), einem englischen Geschäftsmann, der von einem Tag zum andern seine Familie verläßt, um nur noch seiner Leidenschaft, dem Malen, nachgehen zu können. Strickland ist ein grober Klotz, sensibel nur in seiner Kunst; hemmungslos verrät und betrügt er Freunde und endet schließlich völlig vereinsamt auf einer Südseeinsel, wo er sein letztes, großes Werk schafft und über dieser Arbeit stirbt. Maugham peitscht uns förmlich durch die Geschichte. Das Buch wegzulegen ist fast unmöglich. Suchtwirkung stellt sich ein. Nur gut, daß uns der Stoff bei seinem großen Œuvre so schnell nicht ausgeht.--Ravi Unger Quelle:
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