Ein neuer Roman von Barbara Vine (alias Ruth Rendell) ist immer ein Grund zum Feiern. In ihrem neuen, außergewöhnlichen Psychothriller beweist sie wieder einmal, wie perfekt sie die Kunst beherrscht, den Leser in fremde Welten zu entführen. Heuschrecken handelt von der Obsession einer jungen Frau und deren Ursprung, die in ihrer Vergangenheit zu suchen sind: Ihre Liebe zu extremen Höhen, ihr Hang zum Klettern führten zu einem tragischen Unfall, zu Schuldgefühlen und zum Verstoß durch ihre Familie. Clodagh Brown hatte schon immer Angst vor engen Räumen wie auch eine Liebe zum Klettern, eine Phobie und eine Leidenschaft, die, als sie noch zur Oberschule ging, zum tragischen Tod ihres Freundes führten. Später, als College-Studentin, die bei entfernten Verwandten in Maida Vale, einem etwas schäbigen Londoner Bezirk, in einer Kellerwohnung lebt, trifft sie auf eine Gruppe Gleichgesinnter, die diese beiden psychologischen Schrullen mit ihr teilen und sie mit den steilen Dächern ihrer neuen Umgebung bekannt machen. Clodagh verliebt sich bald in Silver, einen jungen Mann, dessen Wohnung in der obersten Etage im Haus gegenüber von einer faszinierenden Gruppe der unterschiedlichsten Menschen bewohnt wird. Deren jugendlicher Idealismus und moralische Überzeugungen stehen häufig im Gegensatz zu herkömmlichen Wertvorstellungen und den Feinheiten des Gesetzes. Während Clodagh und Silver die Handlung tragen, bieten ihre Freunde der Autorin reichlich Gelegenheit, ihre Gabe zu demonstrieren, sich in eine Vielzahl von Leben und Persönlichkeiten hineinzudenken: von Liv, dem schwedischen Au-pair-Mädchen, das wie eine Bergziege über die Dächer kraxeln kann, jedoch vor dem, was sie auf ebener Erde erwartet, eine panische Angst hat, bis hin zu Jonny, dessen pathologisches Bedürfnis, die anderen zu beherrschen -- insbesondere Liv -- zu einem entsetzlichen und tragischen Ausgang führt. Als die Kletterer zufällig auf eine Dachwohnung stoßen, in der sich ein Pärchen mit ihrem adoptierten Mischlingskind vor den Behörden versteckt (die ihnen das Kind wegnehmen würden), kommt Vines Fähigkeit, das Tempo zu ändern, ohne Abstriche an Geschichte oder Charakteren zu machen, voll zur Geltung. Heuschrecken ist ein scharf gezeichnetes, außerordentlich lesenswertes Buch. --Jane Adams Quelle:
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