Die italienische Erfolgsautorin Liaty Pisani wĂ€hlt den Untergang des russischen U-Boots "Charkow" in der Barentssee als Ausgangspunkt ihres neuen Spionagethrillers Die Nacht der Macht. Der "Dienst", eine weltweit agierende private Spionageorganisation, soll im Auftrag des russischen StaatsprĂ€sidenten die mutmaĂlichen Drahtzieher liquidieren. "Personen und Geschehen des Romans sind selbstverstĂ€ndlich frei erfunden" heiĂt es gerne und notwendigerweise. Viel Fantasie ist allerdings nicht vonnöten, um in der Romanfigur Wladimir Sablin den sehr realen russischen StaatsprĂ€sidenten Putin wiederzuerkennen. Sablin vermutet, dass es sich beim Untergang der "Charkow" um einen Versuch der russischen Mafia und ihres Paten Kachalow handelt, den Staat zu destabilisieren. Kachalow und Borowskij, der politische Gegenspieler Sablins im amerikanischen Exil, wollen sich des StaatsprĂ€sidenten entledigen, der ihre GeschĂ€fte behindert. Um die nationalen SicherheitskrĂ€fte nicht in MordfĂ€lle zu verwickeln, engagiert Sablin den "Dienst", um seine Widersacher zu liquidieren. Topagent Ogden und sein Team hochqualifizierter Spezialisten entwickeln PlĂ€ne zur DurchfĂŒhrung der Auftragsmorde, doch mit der Russenmafia steht ihnen ein nahezu ebenbĂŒrtiger Gegner gegenĂŒber. Eine ausgefeilte psychologische Ausgestaltung ihrer Figuren ist Liaty Pisanis StĂ€rke nicht, selbst ihre Hauptcharaktere erscheinen eher eindimensional und schematisch. Vielmehr gilt das Hauptaugenmerk der Autorin einer aktuellen, temporeichen und sehr unterhaltsamen Handlung. Sie schildert das internationale Verbrechen als Symptom und dessen BekĂ€mpfung, wĂ€hrend Ursachen und BeweggrĂŒnde weit gehend im Dunkeln bleiben. Die Grenzen zwischen Gut und Böse flieĂen. Selbst Agent Ogden prĂ€sentiert sich zwar als Moralist, aber auch als skrupelloser Gewaltmensch im Dienste seines Jobs. Damit hat Pisani die ideale Plattform fĂŒr ihre Darstellung und ihre Kritik des aktuellen Weltzustands gefunden. Sie schreibt ganz im Sinne des groĂen John Le CarrĂ©, der den Geheimdiensten gerade nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion eine Hochkonjunktur im Dienste flieĂender Interessensblöcke prophezeite. Hier knĂŒpft Pisani an und erweist sich als Meisterin einer neuen Form des Spionagethrillers. Dem "Dienst" jedenfalls werden die AuftrĂ€ge nicht ausgehen. Nach getaner Arbeit muss ein fassungsloser Ogden mit seinen Agenten im Fernsehen den Einsturz des World Trade Centres erleben. --Ulrich Deurer Quelle:
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