Klein, fein und alteingesessen, so ist die Privatbank Haggenegg & Cie. Franz Haggenegg, der Privatbankier, dessen Familie nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Gründen im zwinglianischen Zürich auf das adlige 'von' verzichtet hat, führt ein beschauliches Leben, träumt ein wenig vom Schulschatz Nancy, gleichfalls Bankerin, und weiß nicht viel von der Söldnervergangenheit seiner Familie. Die allerdings holt ihn schnell ein. Und Ulrich Knellwolf macht daraus einen wilden Krimi quer durch die Jahrhunderte, durch Kontinente, Religionen, Politik und Geschichte. Die von Haggeneggs waren Bauern und Söldner, Letzteres zu Diensten verschiedener Herren von Frankreich über Russland bis nach Persien, wie das die Schweizer in früheren Zeiten ja mehr oder weniger erfolgreich praktizierten. Die lange Abwesenheit der Männer von zu Hause hatte natürlich auch seinen Preis. So soll Geheimrat Goethe auf einer seiner Schweiz-Reisen einer Haggenegg Gewalt angetan haben, worauf ihr Gatte den Dichterfürst ermorden wollte (sinnigerweise anlässlich der Uraufführung von Schillers Wilhelm Tell). Dieser der Literaturgeschichte bislang völlig unbekannte Mordplan wird nicht ausgeführt. Dafür taucht auf obskuren Wegen das Tagebuch des gehörnten Söldners auf und soll in Hamburg versteigert werden. Franz Haggenegg will die Familienehre retten und das Manuskript käuflich erwerben. Doch zum Manuskript gehört auch noch die ebenso wilde Geschichte eines Diamantcolliers und einer Locke Fatimas. Hinter beidem sind ebenso skrupellose wie hinterhältige Figuren her, ein ehemaliger Fremdenlegionär und ein Autografenhändler. Mord und Totschlag können die Haggeneggs. Die 90-jährige Mathilde greift selber zur Schrotflinte und macht den Herren den Garaus. Ein glückliches Ende scheint sich für den Bankier einzustellen, umso mehr als das ominöse Schließfach in seiner Bank mitnichten ein diamantenes Kreuz enthält. Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Ein bisschen arg viel Geschichtskunde hat Ulrich Knellwolf in seinem Krimi vermengt. Das kann natürlich als frühe Form der Globalisation gesehen werden, ist letztlich aber zu dick aufgetragen. Ein überladenes Clubsandwich quasi mit Trutenbrust und Nutella, bei dem leider die begleitenden Pommes frites, das heißt der eigentliche Krimi, schlapp ausgefallen sind. Der Plot hat Potenzial, das Knellwolf leider nicht ausreizt. Dem gegenüber fällt der Ausflug in die Geschichte geradezu spannend aus. Von Kalifen, Zaren und Königen über Goethe und Ernst Jünger versammelt sich allerhand Gesindel und Gesinde der Historie in diesem schmalen Band, dass es eine Lust ist. Vielleicht wäre dem Buch mehr gedient gewesen, hätte sich Ulrich Knellwolf allein auf die Geschichtsklitterung beschränkt. --Martin Walker Quelle:
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