Florenz im Sommer 1963: Als Commissario Casini in einer heißen Augustnacht in die Prunkvilla der fast achtzigjährigen Signora Pedretti gerufen wird, findet er die alte Dame tot auf. Alles deutet darauf hin, dass die gebrechliche Frau einem schweren Asthmaanfall erlegen ist, doch einige mysteriöse Umstände lassen Casini dennoch an ein Verbrechen glauben. Nun plagen Casini in der drückenden Sommerhitze nicht nur Verdachtsmomente, sondern gleichzeitig melancholische Anwandlungen: Er ist 52 Jahre alt, noch unverheiratet und scheint seine besten Jahre hinter sich zu haben. Und auch bei der Florentiner Polizei, für die er schon seit Ende des Krieges arbeitet, wird er für sein Können zwar respektiert, doch seine Eigenwilligkeit und sein Widerstandsgeist kommen bei seinen Vorgesetzten nicht immer gut an. So scheut Casini auch im Fall Pedretti nicht davor zurück, bei seinen Ermittlungen die Hilfe von kleinen Dieben und befreundeten Ganoven in Anspruch zu nehmen. Er folgt seinem Gespür und beginnt den nächsten Verwandtenkreis der Signora genauer unter die Lupe zu nehmen. Mit Das Geheimnis der Signora, dem ersten Fall in der Serie um Commissario Casini, schafft Marco Vichi ein beachtliches Debüt, das sich wohltuend von konventionellen Italien-Krimis abhebt. Er konstruiert seinen Kriminalfall fast schon mit der genialen Einfachheit einer Agatha Christie und bietet noch mehr als das: Auf sympathische Weise beschreibt er in zum Teil skurrilen Dialogen die Schlitzohrigkeit und die pralle Lebenslust seiner Figuren. Und in den Kriegs- und Lebenserinnerungen seines melancholischen Kommissars vermittelt uns Vichi zudem ein realistisches Bild des ärmlichen Nachkriegsitaliens, das erst in den 70er Jahren sein Wirtschaftswunder erleben wird. Man merkt daran deutlich: Vichi packt in seinen Roman nicht nur viel Witz und Charme, sondern auch ein ernsthaftes Ansinnen. Und man freut sich bereits auf weitere niveauvolle Krimi aus Vichis Feder, die sich dann vielleicht durchaus mit Kriminalromanen von Autoren wie Andrea Camilleri oder Giorgio Scerbanenco messen können. Fazit: Sehr lesenswert! --Christian Koch Quelle:
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