Welchen Unterschied macht es, ob ein Künstler mit Gold, Fett oder Kunststoff arbeitet? Transportiert das jeweilige Material die Idee des Künstlers oder beeinhaltet es naturgemäß eine eigene Botschaft? Allesamt Fragen, mit denen sich der Betrachter moderner Kunst oftmals konfrontiert sieht, ohne darauf Antwort zu erhalten. Ansätze und Antworten finden sich im Lexikon des künstlerischen Materials. Die Herausgeber Monika Wagner, Professorin für Kunstgeschichte an der Universität Hamburg, sowie die wissenschaftlichen Mitarbeiter Dietmar Rübel und Sebastian Hackschmidt, befanden dieses Lexikon schon lange für überfällig. Spätestens seit Mitte des 20. Jahrhunderts ist der Symbolgehalt verwendeter Werkstoffe eine nicht zu unterschätzende Komponente zum Verständnis von Kunstwerken. Als Konsequenz daraus entstand ein handlicher Band im Taschenbuchformat aus dem Hause Verlag C. H. Beck, der auf 256 Seiten einen systematischen Überblick über Charakteristika, Einsatz und Bedeutung von über 50 Werkstoffen der modernen Kunst verschafft. Zur Veranschaulichung dienen zahlreiche Abbildungen. Von A wie Abfall bis Z wie Zinn erfährt der Leser in überschaubaren Abschnitten von einer bis zwei Seiten Wissenswertes über den jeweiligen Werkstoff. Ein historischer Überblick gehört ebenso dazu wie Erläuterungen zur Materialverwendung sowie eine kleine Sammlung von Zitaten und Sekundärliteratur. Wer sich noch intensiver mit der Materie beschäftigen möchte, wird im Anhang des Lexikons fündig. Dort befindet sich neben einem umfangreichen Künstlerregister ein ausführliches Verzeichnis weiterführender Literatur. Aber auch beim Querlesen und Herumstöbern kommt der Leser bereits auf seine Kosten. Es dauert nicht lange, bis der Blick an kuriosen Details hängen bleibt. Wer weiß schon, dass die ersten nachweisbaren Verwendungen eines betonähnlichen Gemischs mehrere Jahrtausende alt sind oder die Koralle in der Vergangenheit den Toten Schutz gewähren und Gift in Speisen erkennbar machen sollte. Von großer Gründlichkeit, aber auch einer Menge Spaß bei der Arbeit seitens der Herausgeber zeugt die humor- und fantasievolle Auflistung verwendeter Materialien. Wer beispielsweise auf das Stichwort "Dreck³" stößt, findet den Querverweis zu "¹Erde", und bei "Schokolade³" führt die Weiterleitung zu "¹Fett" und "¹Nahrung". Trotz hohem wissenschaftlichen Anspruch ist das Lexikon des künstlerischen Materials kein trockenes Nachschlagewerk, sondern vielmehr ein lebendiger kunstgeschichtlicher Führer, der aufgrund seiner kompakten Ausmaße beim Museumsbesuch in jeder Tasche Platz findet. --Andreas Schultz Quelle:
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