Das Geheimnis des amerikanischen Erfolgs nach dem Zweiten Weltkrieg besteht darin, "dass die USA ein System errichteten, das die eigenen Interessen geschickt mit denen der Partner verwob". Das schreibt Stephan Bierling im Vorwort zu seiner Geschichte der amerikanischen Außenpolitik von 1917 bis zur Gegenwart. Heute hat es den Anschein, dass die Regierung der letzten verbliebenen Supermacht die Interessen anderer ebenso wenig kümmern wie die von ihr selbst mitgestalteten Spielregeln der internationalen Diplomatie und Politik, sobald sie den eigenen Interessen entgegen stehen. Bierling erinnert an die Ablehnung des Kyoto-Protokolls und des Internationalen Strafgerichtshofs sowie die Kündigung des ABM-Vertrages. Damit hatten die USA die Leitlinien ihrer neuen weltpolitischen Orientierung deutlich abgesteckt. Dann tat die US-Administration mit unbeirrbarer Entschlossenheit jedweden Zweifel als irrelevant ab, der gegen die angebliche Notwendigkeit des Krieges gegen den Irak angemeldet wurde. Dass die Regierung George W. Bushs sich über die Bedenken und Interessen anderer hinwegsetzt, "erhöht zwar kurzfristig den eigenen Handlungsspielraum, kann aber mittel- und langfristig die amerikanische Vormachtstellung unterminieren", so der Autor. Doch auch wenn der gegenwärtige außenpolitische Kurs der USA mit vielen Traditionen bricht, so steht er in der Kontinuität einer Geschichte, ohne deren Kenntnis man die tatsächliche Tragweite dieses Bruchs nicht richtig einordnen kann. Bierlings Buch, das die Grundlinien der US-Außenpolitik seit dem Ersten Weltkrieg bis heute gut nachzeichnet, kommt deshalb gerade zur rechten Zeit. Als Konstante der amerikanischen Geschichte resümiert der Autor neben der Tendenz zu Überreaktion und Simplifizierung das System der "checks and balances" des demokratischen Prozesses, das bislang dafür gesorgt hat, "dass sich die Fehlentwicklungen stets in Grenzen hielten". Bleibt zu hoffen, dass dieses Regulativ weiterhin zuverlässig seinen Dienst tut. --Andreas Vierecke Quelle:
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