Die Bielefelder Kriminologin Britta Bannenberg und der Frankfurter Oberstaatsanwalt Wolfgang Schaupensteiner lassen uns in ihrem Buch über die "Wachstumsbranche" Korruption von der viel beschworenen Eisbergspitze in ein abgrundtiefes, in vielen Farben schillerndes Meer von Amtsmissbrauch und Vorteilnahme, Beraterverträgen ohne Beratung und stillen Beteiligungen ohne Kapitaleinsatz blicken. Die Rede ist dabei aber nicht nur von vornehm umschriebenen Scheingeschäften oder Bestechung ("Wie wär's diesmal mit 'nem Ferrari statt des Porsches?"): Auch handfeste Erpressung gehört zum Instrumentarium der Damen und Herren, die sich immer ungenierter die Taschen füllen, während andernorts ein gnadenloser Preis- und Konkurrenzkampf eine Firma nach der anderen und am Ende unsere Volkswirtschaft in die Knie zwingt. Über die feinsinnige Unverfrorenheit, mit welcher die korrumptiven Netzwerke zum Teil gesponnen werden, könnte man -- wenn es nicht so traurig wäre! -- durchaus manchmal herzhaft lachen. Sicher ist es nicht wirklich lustig, dass den meisten Beteiligten offenbar jedwedes Unrechtsbewusstsein fehlt. Aber wenn man liest, dass sich ein Krimineller ob seiner über die Jahre entwickelten Kunstfertigkeit selbst als "Michelangelo des Aufmaßtürkens" rühmt, kann man seine Lachmuskeln denn doch nur schwer im Zaum halten. Auch was Bannenberg und Schaupensteiner über die in jahrzehntelanger Korruptionspraxis entstandene Scheinwelt rund um den Frankfurter Flughafen zu berichten wissen, ist passagenweise Realsatire vom Feinsten. Das Schönste daran aber ist, dass in diesem Fall die Staatsanwaltschaft ein solches Netz einmal hat aufdecken können. Weniger schön, dass manch aufgedeckte Straftat wegen Verjährung nicht mehr verfolgt und abgeurteilt werden kann. Und was über alle Maße betrübt, ist die Tatsache, dass die allermeisten Korruptionsdelikte niemals entdeckt werden. Die Autoren vermuten, dass die Dunkelziffer ähnlich groß ist wie in der Betäubungsmittelkriminalität. Und da beträgt sie 99 Prozent! Erschütternd, wenn man sich ausmalt, welch großer Schaden unserer Volkswirtschaft und auch den öffentlichen Kassen Tag für Tag durch Korruption tatsächlich wohl entstehen mag. "Die zehn Gebote der Korruptionsbekämpfung" am Ende des Bandes sollten wir uns deshalb alle ernsthaft zu Herzen nehmen! --Andreas Vierecke Quelle:
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