In Deutschland erhielt der Niederländer Ted van Lieshout für sein Jugendbuch Bruder die höchste Auszeichnung in seiner Sparte, den Deutschen Jugendliteraturpreis 1999. Und in der Tat hat die Jury mit dieser Wahl eine äußerst glückliche Hand bewiesen, denn Bruder gehört uneingeschränkt zu den schönsten Jugendbüchern. Im September 1972 stirbt Marius. Er wurde nur vierzehn Jahre alt. Nach sechs Monaten räumt die Mutter sein Zimmer endlich leer und beschließt, seine Sachen zu verbrennen. Luuk, der Bruder, findet dabei das Tagebuch von Marius. Vor einigen Jahren hat er es ihm zum Geburtstag geschenkt, und er beginnt zu lesen. Noch einmal kommt es zu einer Annäherung an den Verstorbenen: Luuk beginnt Marius' Aufzeichnungen zu kommentieren. "Du bist ganz allein gestorben. Ich hoffe, du hast es nicht gemerkt, daß du stirbst. Ich hoffe, daß du geschlafen hast. Oder daß du zufällig ein letztes Mal geblinzelt hast und über deine Wimpern gestolpert bist. Für den Leser entwickelt sich ein sehr dichtes Bild der schwierigen Beziehung zwischen den ungleichen Brüdern. "Kannst du noch jemandes Bruder sein, wenn dieser Jemand nicht mehr lebt?" In der Rückschau werden die ersten Symptome der tückischen Krankheit von Marius sichtbar, seine vielen vergeblichen Bemühungen mit dem Bruder ins Gespräch zu kommen. Und im Nachhinein stellt sich auch heraus, daß die beiden Brüder sich mit demselben Problem, der Homosexualität, herumgeschlagen haben. Ein wunderschöner, trauriger Roman, der in einer sehr sensiblen Sprache die Themen Homosexualität und Tod angeht. --Manuela Haselberger Quelle:
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