Kaum zu glauben, daß das Hakenkreuz Leben gerettet und nicht nur vernichtet haben soll. Hat es auch nicht. Doch zumindest wurde das Furcht und Schrecken verbreitende Symbol als Deckmantel genutzt. Oskar Schindler, berühmt geworden durch Steven Spielbergs Verfilmung seines Lebens, war einer, der unter dem Vorwand, ein Nazi zu sein, Menschen vor ihrer Ermordung gerettet hat. Ein anderer hieß John Rabe, war leitender Siemens-Angestellter im chinesischen Nanking und Mitglied der NSDAP. Seine Parteizugehörigkeit ist kaum vorstellbar, hat dieser Mann doch ein Tagebuch geschrieben, das ihn als humanitären und selbstlosen Retter zu erkennen gibt. In den USA nennt man ihn inzwischen den "Oskar Schindler von Nanking". Die Chinesen verehren John Rabe als Helden und haben ihn erst vor kurzem in ihre Memorial Hall aufgenommen. In Deutschland war der 1950 gestorbene Deutsche bis vor kurzem vergessen: Zu unbequem erschien ein Held, dessen Vergangenheit so deutliche braune Spuren hatte. John Rabe, für Siemens in der Hauptstadt Chiang Kai-sheks, wurde 1937 Augenzeuge des Massakers von Nanking, dem Hunderttausende von Menschen zum Opfer fielen. Japanische Truppen hatten zunächst die Stadt umzingelt, während im Innern furchtlose Ausländer, unter ihnen John Rabe, eine "Sicherheitszone" einrichteten, die vor allem durch das respekteinflößende Hakenkreuz an Rabes Arm gegen japanische Übergriffe verteidigt werden konnte. John Rabe hat über diese Zeit Tagebuch geführt. Er beschreibt detailliert die Vorgänge vor dem Angriff und die Vergewaltigungen, Hinrichtungen und Plünderungen während des Massakers, das wochenlang andauerte und in seiner Brutalität einzigartig war. "Wir sind damals buchstäblich über Leichen gestiegen", faßt Rabe die Greuel zusammen, denen er sich stellte, obwohl es für ihn, den verbündeten Deutschen, ein leichtes gewesen wäre, nach Nazi-Deutschland auszureisen. "Wenn doch der Führer nur wüßte", sinniert er in seinem Tagebuch. Doch Adolf Hitler mißbilligte in Wirklichkeit seine Menschenfreundlichkeit, und auch Siemens schätzte nicht, daß ein entscheidender Mitarbeiter sich und das Wohl der Firma für die Rettung von rund 2000 chinesischer Flüchtlinge in Gefahr brachte. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland, fand Rabe ein Land vor, das in keinster Weise dem Bild entsprach, das er sich vom nationalsozialistischen Deutschland und seinem Führer im fernen China gemacht hatte. Das Tagebuch John Rabes rehabilitiert nicht nur "den guten Deutschen von Nanking", es ist auch der einzige umfassende Augenzeugenbericht der Greueltaten von Nanking und somit ein wertvolles zeitgeschichtliches Zeugnis. --Bettina Albert Quelle:
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