Wer als westlicher Reisender oder Geschäftsmann mit dem ostasiatischen Raum und vor allem mit dem chinesischen Kulturkreis in Berührung kommt, tut gut daran, sich näher mit der Geschichte der letzten rund 150 Jahre zu befassen. Denn anders als in unseren Breiten, wo etwa Verlauf und Bedeutung der Revolution von 1848/49 nur noch wenigen als relevant für ihr heutiges Dasein erscheint, sind die historischen Ereignisse ab dem Opiumkrieg 1840 für viele Chinesen noch sehr präsent. Das Eindringen der imperialistischen Mächte und die chinesischen Widerstandsbemühungen wie etwa der Boxeraufstand werden noch heute als Ausgangspunkt von Kausalketten genommen, welche die Realitäten nicht selten mythisch verklären. Ohne dieses historische Fundament sind die heutigen Beziehungen der ostasiatischen Staaten zum Westen -- aber auch untereinander -- nicht zu verstehen. Der Münchener Politologe Gottfried-Karl Kindermann unternimmt in seiner Darstellung der Ereignisgeschichte von 1840 bis 2000 den Versuch, die internationalen Beziehungen der ostasiatischen Staaten nachzuzeichnen und ihre Hintergründe zu erläutern. Herausgekommen ist dabei ein opulentes Werk von rund 700 Seiten Umfang, das auf allgemein verständliche Art einen fundierten Überblick über diesen Zeitraum liefert. Kleinschrittig untergliedert werden die Ereignisstränge bis in die jüngste Gegenwart heraus präpariert und dem Leser auf ansprechende Art und Weise dargestellt. Als störend fällt lediglich die uneinheitliche Transkription der chinesischen Begriffe auf, die den sinologisch nicht vorgebildeten Leser rasch in Verwirrung stürzt. Das vorliegende Werk ist zweifellos das "opus magnum" Kindermanns, und die Lektüre jedem anzuraten, der sich einen Überblick über die großen Entwicklungslinien und Tendenzen ostasiatischer Politik in der jüngeren Vergangenheit aneignen möchte, um sachkundig über die wachsende Rolle Ostasiens in der Weltpolitik urteilen zu können. --Daniel Leese Quelle:
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