Kein Zweifel: Dantes Inferno ist die Hölle. Wer hier eintritt, um unter Sodomiten und Politikern im ewigen Feuer zu verlodern, muss alle Hoffnung fahren lassen. Wer sich einliest auch: seit neuestem zumindest. Denn jetzt gibt es den Dante Club des US-Literaturwissenschaftlers Matthew Pearl, der für seine akademische Arbeit 1998 den Preis der amerikanischen Dante-Gesellschaft bekam. Pearl kennt sich also aus in der Göttichen Komödie, ähnlich wie der (damals wirklich existierende) Bostoner Salon von Gelehrten, der im Jahr 1865 Dantes grandioses Jenseits-Epos durch eine Übersetzung auch jenseits des Atlantik bekannt machen will. Angefeindet werden sie von Kollegen, denen der Kontakt mit fremdem Literaturgut zu brenzlig ist. Ein merkwürdiges Pendant findet der Club in einem Serienmörder, der die Nacht- und Schattenseiten kultivierter Belesenheit verkörpert: Er führt seine Opfer jenen Strafen zu, die Dante für seine Florentiner Feinde fiktiv ersann. Während bei Dante jedoch die Tortur niemals endete, mündet sie hier im realen Tod der prominenten Auserwählten: Einer wird bei lebendigem Leibe aufgefressen, ein anderer mit brennenden Füßen begraben. Und so muss sich der Dante Club unter der Leitung des auch medizinisch bewanderten Dr. Oliver Wendell Holmes an die blutige Spur des Killers heften. Hilfe bekommt er vom einzigen schwarzen Mitglied des Boston Police Departement Nicholas Rey, der im Bereich der Verbrechensbekämpfung eine ähnliche Außenseiterstellung einnimmt wie der Dante Club in der Literaten- oder der exzentrische Serienmörder in der Kriminellenwelt. Beim Lesen von Dante Club werden Cineasten das Gefühl nicht los, in Seven Teile der Idee schon einmal gesehen zu haben. Trotzdem ist Pearl ein überaus spannender Thriller geglückt, der in historischem Gewand ganz auf ein postmodernes Publikum zugeschnitten ist. Auch wenn es dem Autor nicht gelingen wird, den gemeinen Krimi-Fan für die Göttliche Komödie zu begeistern, so wird er es doch schaffen, ihn von der ersten bis zur letzten Seite (auch auf denen, die die akademische Welt beleuchten) in einem höllischen Plot gefangen zu halten. --Thomas Köster Quelle:
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