Das Ergebnis garantiert Aha-Erlebnisse und nimmt die Leser in die Pflicht, ihr eigenes Urteilsvermögen zu schulen. Was ist von einer Religion zu halten, deren Gott gleichzeitig Zärtlichkeit in der Liebe schenkt und den Tod "unzüchtiger" Frauen zulässt? Wie ist die Toleranz den Juden und Christen gegenüber zu vereinbaren mit dem Verbot, sich mit ihnen zu befreunden? Derlei Ungereimtheiten lassen sich viele in den zitierten Koranversen finden. Zur Fundamentalkritik am Islam taugen sie jedoch nicht. Denn ähnliche Widersprüche gibt es in der Bibel, der heiligen Schrift der Juden und Christen. So geht es dem Koran-Leser ähnlich wie dem Bibel-Leser: Ohne Auslegung und Einbettung in ihre jeweilige Zeit und Kultur bleiben einzelne Zitate nichtssagend.

Dennoch ist Yücelens Zusammenstellung eine große Hilfe für das Gespräch zwischen den Religionen. Denn sie erspart, sich durch die teilweise ermüdenden Wiederholungen und detaillierten Anweisungen des Korans zu arbeiten. Eine kurze Einführung fasst das Selbstverständnis des Korans zusammen. Auch die "fünf Pflichten der Muslime" beschreibt Yücelen: das Glaubensbekenntnis, das "rituelle Gebet", die Almosenabgabe, das Fasten und die Pilgerfahrt. Eigentlich fehlt dem Buch nur eines, und das wiederum wäre angesichts der derzeitigen Debatten sehr hilfreich: Koran-Verse zum Thema Krieg und Frieden. --Uwe Birnstein
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