Der Teufel riecht wahrlich sonderbar. Nach Schwefel natürlich, so will es die Legende. Aber er riecht auch ein wenig nach Braten, der viel zu lange im Ofen war. Zumindest riecht so das, was er an Tod zurücklässt. Das muss auch Agnes Torres erfahren. Zunächst geht sie in die Küche, aber da brutzelt nichts. Sicherheitshalber fasst das fromme Dienstmädchen ihren Rosenkranz fester, als es auf der Suche nach der Quelle des Geruchs langsam die steile Treppe zur Dachkammer ihres Arbeitgebers, des begnadeten Kunstkritikers und bekennenden Gotteslästerers Jeremy Grove, nach oben steigt. Und tatsächlich findet sie dort die Ursache des diabolischen Gestanks: Oben liegt der Kritiker, mit einem aufgebrannten Hufeisen, die Zunge schwarz nach draußen stehend, verbrannt von innen. Für Agnes ist die Sache klar: „Der Teufel persönlich hatte Jeremy Groves seine Aufwartung gemacht.“ Ganz so einfach wie das Hausmädchen will es sich FBI Special Agent Pendergast in Burn Case nicht machen. Gemeinsam mit dem abgehalfterten Sergeant D’Agosta, der sich von seinem Vorgesetzten nicht länger herumkommandieren lassen will, macht sich der unkonventionelle Ermittler auf die Spur des Täters, den er unter den Lebenden statt unter den Leibhaftigen vermutet. Dabei gerät er ins Visier einer skrupellosen Sekte, die New York als modernes Sodom richten will. „Es gibt keinen schändlicheren Berufsstand als den des Kritikers“, heißt es in Burn Case von Douglas Preston und Lincoln Child, „außer vielleicht den des Arztes, der einer Hinrichtung vorsitzt“. Die Autoren scheinen zu vergessen, dass manche Kritik einer Hinrichtung gleichen kann. An Burn Case allerdings hat der Kritiker nicht viel zu kritisieren. Über 600 Seiten geballte Spannung, kluge Dialoge, psychologisch ausgefeilte Charaktere -- und sogar noch ein Plot, der selbst die begeistern wird, die dachten, zum religiösen Wahn und zur religiösen Macht sei nach Sakrileg nichts mehr zu erwarten. Burn Case ist ein teuflisch gutes Buch. --Stefan Kellerer Quelle:
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