Das Foto auf dem Schutzumschlag zeigt bereits, worum es Hermann Schreiber in seinem Buch über den Kanzlersturz Willy Brandts neben diesem vor allem geht: um dessen Referenten, den DDR-Spion Günther Guillaume. Bei näherer Betrachtung könnte man gar zu dem Schluss kommen, dass Guilllaume für Schreiber unter der Arbeit beinahe zur eigentlichen Hauptfigur geworden ist. Das verschiebt ein wenig die Bedeutung, die ihm im Rahmen des Brandt-Dramas tatsächlich zukam. Letztendlich nämlich war Guillaume lediglich der Tropfen (ein gewaltiger freilich), der das Fass zum Überlaufen brachte und dem Kanzler den Entschluss zum Rücktritt leichter machte. Den nämlich hatte er auch zuvor schon erwogen. Doch nach der Enttarnung des DDR-Spitzels in seiner unmittelbaren Umgebung hatte er nun einen von Freund wie Feind gleichermaßen als veritabel anerkannten Grund. Tatsächlich aber, und das kommt bei Schreiber doch etwas zu kurz, dürfte Brandt als Kanzler letztendlich an sich selbst gescheitert sein. Recht viel Neues über Willy Brandt und die Gründe seines Rücktritts erfährt man insgesamt besehen aus Schreibers Buch zwar nicht. Immerhin aber kann der damalige Spiegel-Reporter heute gesichertere, gleichsam um müßige Spekulationen gereinigte Auskünfte über die Geschehnisse geben, als das in früheren Publikationen anderer Autoren vor allem in den 80er-Jahren möglich war. Wer sich also vor allem Enthüllungen erhoffen sollte, wird von dem Buch enttäuscht werden. Für diejenigen aber, die einen von einem Zeitzeugen verfassten, zuverlässig recherchierten Bericht über das Ende der Kanzlerschaft Brandts mit besonderem Fokus auf "die Sache mit dem Spion" lesen wollen, kommt Hermann Schreibers Kanzlersturz gerade recht. --Andreas Vierecke Quelle:
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