Vor der alles vereinenden Weltformel steht die Suche nach der Symmetrie. Doch das Universum ist nicht symmetrisch -- immerhin ist es einer winzigen Symmetriebrechung zu verdanken, dass sich Materie und Antimaterie nicht gegenseitig auslöschten, und nur deshalb Sonne, Mond und Sterne entstehen konnten. Als ob sich die Schöpfung immer wieder kleiner Tricks bedient, ist die kleine Abweichung von der Norm das Normale und das Schöne. Dies ist ein Abriss über den Stand der Kosmologie, über den Abschied vom Standardmodell und dessen Ablösung durch die Vorstellungen von einem inflationären Universum, in dem sich Gravitation und Expansion gerade gegenseitig aufheben. Der Kosmos wird sich ewiglich und mit immer weiter abnehmender Geschwindigkeit ausdehnen. In herrlich lesbarem Plauderton führt Livio den Leser in diese komplizierte und vordergründig mathematisch beschreibbare Welt ein und bewertet die Theorien nach den Kriterien der Schönheit. Kriterien, die auch die Regelmäßigkeit japanischer Gedichte bestimmen oder den goldenen Schnitt alter Meister. Schade nur, dass das Buch so kümmerlich illustriert ist. Denn gerade bei Livios Vergleichen mit ihren berühmten Werken fehlt das Bild selbst. Natürlich ist die Verbindung von Schönheit und mathematischen Prinzipien nicht neu und doch gelingt es Mario Livio auf diese Weise, kosmologisches, kopernikanisches und anthropisches Prinzip unter dem Dach des gemeinsamen Strebens nach einfacher Schönheit zu vereinen. Nun zählt nicht mehr die Komplexität einer mathematischen Formel, sondern die Klarheit des ihr zugrunde liegenden Gedankens, einem Anspruch, dem auch die Weltformel einst genügen wird. --J. Schüring Quelle:
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