Nach den beiden Science-Fiction-Romanen Snow Crash und Diamond Age und dem Kultbuch Cryptonomicon überrascht Neal Stephenson seine Leser ein weiteres Mal: Quicksilver spielt im späten 17. und frühen 18. Jahrhundert und unternimmt nichts weniger als eine Geschichte der aufstrebenden Naturwissenschaften aus der Froschperspektive. Am vornehmen Trinity College hat es Daniel Waterhouse, ein Urahn der gleichnamigen Figur in Cryptonomicon, als Sohn eines armen Puritaners unter lauter Adelssprösslingen schwer. Trotzdem gelingt es ihm, mit dem jungen und genialen Isaac Newton Freundschaft zu schließen. Gemeinsam führen sie riskante -- und oft hahnebüchene -- Experimente durch und machen sich einen Namen als “Naturphilosophen”. Unterdessen versucht der Londoner Herumtreiber Jack Shaftoe -- auch dieser Name ist uns aus Cryptonomicon bekannt -- in den Wirren der Türkenkriege am Leben zu bleiben. Während der Belagerung von Wien im Jahr 1683 gerät er an die Haremssklavin Eliza, die sich nicht nur als äußerst schön, sondern auch als über die Maßen intelligent erweist. Ihre herausragenden kaufmännischen Fähigkeiten ermöglichen ihr alsbald den Aufstieg in höhere Adelskreis, eine “Karriere”, die für eine Frau von einfacher Abstammung allerdings auch einige Gefahren in sich birgt ... Es ist unmöglich, den zahlreichen Figuren und Handlungssträngen dieses Mammutwerkes in wenigen Zeilen gerecht zu werden. Neal Stephenson hat ein kluges, witziges und in jeder Beziehung atemberaubendes Buch geschrieben. Quicksilver ist Historienschmöker, Wissenschafts-Thriller und Schelmenroman -- und lässt sich doch in keiner Schublade unterbringen. Literatur auf diesem Niveau zeigt, wie gegenstandslos Diskussionen über Genrezuordnungen oder E- und U-Literatur eigentlich sind. Auf Englisch sind die beiden Folgebände The Confusion und The System of the World bereits erschienen. Warum der deutsche Verlag beschlossen hat, den Buchtitel im Original zu belassen, ist nicht ganz nachvollziehbar. Trotzdem ist Quicksilver eine hundertprozentige Empfehlung, denn das TIME MAGAZINE hat Recht: “Sie werden sich wünschen, dass das Buch nie zu Ende geht!” --Hannes Riffel Quelle:
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