Skepsis ist angesagt, wenn ein weltbekannter Horrorautor plötzlich Jugendbücher verfasst. Ausgerechnet Clive Barker, dessen Bücher des Blutes ihrem Namen mehr als gerecht werden und dessen Hellraiser-Serie Filmgeschichte geschrieben hat, wildert jetzt auf dem Markt zwischen J. K. Rowling und Philip Pullman? Der Anfang ist so konventionell wie charmant: Die sechzehnjährige Candy, Tochter eines zu Wutanfällen neigenden Alkoholikers, ist in einer ländlichen Kleinstadt in den USA aufgewachsen, die langweiliger nicht sein könnte. Nach einem Streit mit einer Lehrerin hält sie es nicht mehr aus und läuft davon. Von einer goldenen Wolke neugierig gemacht, gelangt sie alsbald auf eine weite Grasebene und entdeckt -- einen Leuchtturm. Mitten in Minnesota, Tausende von Kilometern vom Meer entfernt! Ab diesem Punkt unterläuft Barker alle Erwartungen: Candys weitere Reise führt sie auf einen geheimnisvollen Archipel, in eine Welt, die sich von der unseren grundlegend unterscheidet. Jede Insel ist unveränderlich in einer festen Tageszeit gefangen -- vierundzwanzig Inseln in vierundzwanzig “Stunden”, von einer unerklärlichen fünfundzwanzigsten Insel/Stunde ganz zu schweigen. Und die Mitternacht droht, den Tag zu verschlingen ... Abarat, der erste von vier geplanten Bänden, liest sich streckenweise wie eine Mischung aus Oz, Narnia und Erdsee, womit dem Buch jedoch keinesfalls seine Originalität abgesprochen werden soll. Der Roman ist düsterer als das Gros der Jugendliteratur, und wenn man genauer hinsieht, stößt man auf für Barker typische Themen wie Kapitalismuskritik und gleichgeschlechtliche Liebe. Gerüchten zufolge hat Disney die Multimedia-Rechte an dieser Serie für knapp unter 10 Millionen Dollar gekauft. Hoffen wir, dass Barker trotzdem die Freiheit genießt, nach seinen eigenen Vorstellungen weiter zu schreiben. Denn dann könnte Abarat ein ganz großer Wurf in der phantastischen Literatur werden! --Felix Darwin Quelle:
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