"Der Himmel über dem Hafen hatte die Farbe eines Fernsehers, der auf einen toten Kanal geschaltet war." Mit diesem denkwürdigen Satz beginnt das 1984 erschienene Erstlingswerk von William Gibson. Damals ahnte noch niemand, dass dieses unscheinbare Taschenbuch einmal zu den besten und einflussreichsten Romane der Science Fiction gezählt werden würde. Neuromancer erzählt die Geschichte des ehemaligen Cyber-Cowboys Case, der sich ausgebrannt auf den finsteren Straßen von Tokio herumschlägt. Der geheimnisvolle Armitage nimmt ihn in seine Dienste und stellt ihm die schöne und gefährliche Molly an die Seite. Seiner Rückkehr in den Cyberspace steht nichts mehr im Wege. Eine gewisse atmosphärische und stilistische Verwandschaft zu Raymond Chandler kann Gibson nicht verleugnen, und John Shirleys Stadt geht los hat ihn erklärtermaßen sehr beindruckt. Doch die glitzernden Wohntürme von Neo-Tokio und das Eintauchen in virtuelle Welten sind ganz seiner Phantasie entsprungen. Autoren wie Neal Stephenson (Snow Crash) oder Jeff Noon (Pollen) wären ohne ihn nicht denkbar, von einer ganzen Horde drittklassiger Cyberpunk-Epigonen ganz zu schweigen. John Womack schreibt in seinem Vorwort, er könne "die Wirkung dieser Veröffentlichung auf die Science Fiction-Leser wohl nur mit der Wirkung des plötzlich elektrisch verstärkt spielenden Bob Dylan auf seine Hörerschaft vergleichen". Die schön ausgestattete Neuausgabe der ganzen Neuromancer-Trilogie in einem Band in der von Peter Robert sorgfältig überarbeiteten Übersetzung bietet eine hervorragende Gelegenheit, dieses Meisterwerk zu entdecken -- oder wiederzulesen. Mit den beiden in diesem Buch mitenthaltenen Folgebänden Biochips und Mona Lisa Overdrive bewies Gibson, dass sein Debüt keineswegs eine Eintagsfliege war. --Felix Darwin Quelle:
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