Die Erdsee-Tetralogie von Ursula Le Guin gilt als einer der ganz groĂen Meilensteine der Fantasy. Unerreicht innerhalb des Genres ist bis heute die poetische Kraft, mit der Le Guin ihre Inselwelt heraufbeschworen hat. In Erdsee ist Magie so alltĂ€glich wie das Auswerfen der Fischernetze und rĂŒhrt gleichzeitig an das machtvolle Urgewebe der Welt: Den wahren Namen eines Dinges oder eines Wesens zu kennen, bedeutet es zu beherrschen und zu respektieren. Das empfindliche Gleichgewicht von Macht und Demut zu wahren, ist allerdings keineswegs eine SelbstverstĂ€ndlichkeit in der langen Geschichte der Inselwelt. 300 Jahre vor der Handlung der vier Romane wird die Erdsee von kriegerischen KleinfĂŒrsten beherrscht und ihre Zauberer stehen im Dienste regionaler Konflikte. Doch es geht die Legende um von einer Insel, auf der Gerechtigkeit herrschen und Zauberei frei gelehrt werden soll. Als der junge Otter, ein magisch begabter "Finder" aus grausamer Sklaverei entkommt, macht er sich auf die Suche, erreicht schlieĂlich die Insel Rok und eine Vision wird Wirklichkeit: Die Zauberschule der Erdsee wird gegrĂŒndet. Auch wenn Erdsee wohl das am meisten verkaufte Buch von Le Guin ist, gilt die Autorin durch Klassiker wie Die linke Hand der Dunkelheit vor allem als Meisterin der Science Fiction. Mit den vorliegenden fĂŒnf ErzĂ€hlungen kehrt Le Guin zur Fantasy zurĂŒck. Die ErzĂ€hlungen, die alle auch fĂŒr sich lesbar sind, bilden eine Art Chronik der Erdsee und schlagen eine BrĂŒcke zu dem neuen Erdsee-Roman The Other Wind. Wer bezweifelt, dass eine solche RĂŒckkehr den alten Zauber wieder erwecken kann, wird eines Besseren belehrt: Le Guin hat nichts von ihrer wunderbar geradlinigen und tiefgrĂŒndigen ErzĂ€hlkunst verloren. Ihre Geschichten betören und atmen die Weisheit uralter MĂ€rchen. Bleibt nur zu hoffen, dass dieser MĂ€rchenschatz noch eine Weile von den Machern der Filmbranche ĂŒbersehen wird, auf dass uns Ged als Actionfigur oder Sammelkarte möglichst lange erspart bleibt. --Birgit Will Quelle:
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