Die Erinnerungen an die dreißigjährige kriegerische Auseinandersetzung in Vietnam sind genauso unterschiedlich wie die Menschen, die dort zwischen 1945 und 1975 gekämpft haben. Französische Infanteristen, nordvietnamesische Guerilla, US-Agenten, Zivilisten und sogar ein Verteidigungsminister aus Hanoi berichten in diesem Buch von ganz persönlichen Erlebnissen im Vietnamkrieg, sie schildern aber auch die dahinter stehende Strategie der Einsätze oder die politischen Leitlinien. Diese Eindrücke stammen von beiden Seiten des 17. Breitengrades, der ehemals das Land trennte -- was eine Ausgewogenheit ermöglichte, die diesen Begleitband zu einer ARD-Serie auch als eigenständiges Buch interessant macht. Der Band bietet keine im eigentlichen Sinne durchgängige Darstellung des Krieges, wenngleich die den Texten vorausgestellte ausführliche Chronik die Zusammenhänge verständlicher macht. Wer eine emotionslose historische Abhandlung der Ereignisse sucht, der sollte zusätzlich zur Geschichte des Vietnamkriegs greifen. Apokalypse Vietnam hingegen, das sind sehr subjektive Texte ehemals Beteiligter. Subjektiv, was die Auswahl der dargestellten Ereignisse angeht, aber auch subjektiv in den Beschreibungen selbst -- man merkt den Texten deutlich den Hintergrund ihrer jeweiligen Verfasser an. Das ist aber durchaus gewollt und auch gut so, eröffnet sich doch dadurch ein vielschichtiger Blick auf die unterschiedlichen Aspekte des Vietnamkrieges. Berichte von der kriegsentscheidenden Schlacht um Dien Bien Phu, vom Ho-Chi-Minh-Pfad (dem geheimnisumwitterten Nachschubweg zwischen Nord- und Südvietnam), vom Verlust der Angehörigen oder dem späten Trauma des Einsatzes machen die hohe Qualität des Buches aus. Sie sind gepaart mit zwar leider recht kleinen, aber in der Auswahl weitgehend neuen Photographien. Apokalypse Vietnam zeigt die menschliche Seite eines Krieges, der unmenschlich wie kaum ein anderer war.--Joachim Hohwieler Quelle:
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