In der Unendlichkeit sind alle Mengen gleich. Das erkannte Georg Cantor, der Begründer der Mengenlehre, dessen mathematische Überlegungen zur Unendlichkeit tiefgründig philosophischer Natur waren und auf den Erkenntnissen der Antike und der in der jüdischen Kabbala niedergelegten Numerologik gründen. Für Amir Aczel ist das Leben und Wirken dieses Mathematikers Anlass, dem Wesen der Unendlichkeit auf die Spur zu kommen, das das Fundament der Mathematik, die Logik, ad absurdum führt -- und die Mathematiker und Philosophen in die Verzweiflung treibt. Denn mit der Entdeckung der Null erschien die Irrationalität des Unendlichen und forderte etwa, dass es in der Unendlichkeit so viele Jahre gibt wie Monate, Tage und Stunden. Oder, dass es entlang eines Meters genauso viele Punkte gibt wie entlang eines Kilometers. Aczels Buch ist vor allem deshalb so lesenswert, weil er sich dem Wesen der Unendlichkeit mithilfe des Menschen Georg Cantor nähert und seine Biografie in den geschichtlichen Zusammenhang stellt. Auf diese Weise erfährt der Leser einen wichtigen Teil von der historischen Entwicklung der Mathematik und ihrer Verbindung mit dem Göttlichen, die das anspruchsvolle aber spannende Werk bestimmen. Cantor selbst hat das Ringen mit dem Unendlichen und seine Hypothese des Kontinuums nicht überlebt. Immer wieder musste er sich von den Qualen seiner Arbeit erholen -- und wurde in den schweren Phasen zu einem Shakespeare-Spezialisten, der unbedingt beweisen wollte, dass dessen Werke in Wahrheit von Francis Bacon stammten. 1918 starb er in der Nervenklinik von Halle, nach Jahren tiefer Depressionen. Genie und Wahnsinn, wo könnten sie näher beisammen sein, als in der Unendlichkeit? --J. Schüring Quelle:
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