Die tödliche Geschichte eines V-Mannes zwischen Verfassungsschutz und Terrorismus, die Stefan Aust hier erzĂ€hlt, endete als einer der gröĂten Skandale der deutschen Rechtsgeschichte. Der Lockvogel hieĂ Ulrich SchmĂŒcker. Von der Polizei bei der Vorbereitung eines Sprengstoffanschlags verhaftet und zum Spitzeldienst erpresst, wurde der 22-jĂ€hrige Student, der sich aus Frustration der spĂ€teren RAF-Nachwuchskaderschmiede "Bewegung 2. Juni" angeschlossen hatte, in der Nacht zum 5. Juni 1974 im Berliner Grunewald von seinen Genossen als VerrĂ€ter hingerichtet. Ob und inwieweit die Behörden von der Gefahr fĂŒr ihren arglosen Informanten wussten und seinen Tod aus fragwĂŒrdigen Ermittlungsinteressen billigend in Kauf nahmen, liegt nach wie vor im Dunkeln. In einem beispiellosen Verhandlungsmarathon, der vier Gerichte und einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss beschĂ€ftigte, war es nicht möglich, Licht in die mysteriösen UmstĂ€nde dieses Fememordes zu bringen. Nach 16 Jahren staatlich sanktionierter Behinderung und Beweis-Manipulation musste die Justiz 1991 kapitulieren und das Verfahren wegen der Unmöglichkeit einer fairen ProzessfĂŒhrung einstellen. Offenkundige TĂ€ter kamen auf freien FuĂ und mussten obendrein finanziell entschĂ€digt werden. Alles Schnee von gestern, könnte man meinen. WĂ€re da nicht die jĂŒngste AffĂ€re um die Unterwanderung der Neonazi-Szene mit V-MĂ€nnern. Sie ist dem Spiegel-Chefredakteur mehr als zwei Jahrzehnte nach seinem ersten Buch ĂŒber den "Fall SchmĂŒcker" willkommener aktueller AufhĂ€nger, um endlich den Mord und sein unrĂŒhmliches Nachspiel noch einmal minutiös Revue passieren zu lassen. "Ich hatte mit den Behörden noch eine Rechnung offen." Nicht verschmerzt sind offenbar die unverfrorenen Desinformationskampagnen und Zensurversuche, denen sich Aust seinerzeit als Reporter ausgesetzt sah. Ganz zu schweigen von dem rĂ€tselhaften Tod eines Informanten. Ein routiniert und spannend geschriebenes Buch, das zur Aufarbeitung eines der finsteren Kapitel der deutschen Nachkriegsgeschichte beitrĂ€gt. --Roland Detsch Quelle:
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