Ein junger Börsenmakler sitzt mit seiner Freundin beim Abendessen. So ganz nebenbei und ohne ersichtlichen Zusammenhang verkündet er: "Ich hab heut ein paar Aktien verkauft." Er sagt aber nicht, dass er Geld dabei verloren hat und sich deswegen ganz elend fühlt. Falls seine Freundin jetzt nachfragt, würde er sein Gefühl vielleicht äußern. Fragt sie nicht, ist es ihm noch lieber, weil er dann gar nichts sagen muss. Dass Männer im Gegensatz zu Frauen nicht gern über Gefühle reden, gehört zu den bekannten Unterschieden im Kommunikationsverhalten. Die Probleme, die sich daraus ergeben, wurden bereits in den Bestsellern von Deborah Tannen und John Gray ausführlich erörtert. Nun versucht der New Yorker Psychotherapeut Alon Gratch das Geheimnis vom "Schweigen der Männer" noch genauer zu ergründen und stützt sich dabei auf seine Erfahrungen im Umgang mit männlichen Klienten. Er unterscheidet sieben männliche Attribute: Scham, Gefühlstaubheit, Unsicherheit, Selbstbezogenheit, Aggressivität, Selbstzerstörung, Sex. Der Autor spricht zu seinen Lesern so freimütig und selbstkritisch wie zu Fachkollegen und berichtet in zahlreichen pointierten Beispielen und witzigen Anekdoten von seiner therapeutischen Arbeit, ja er offenbart sogar peinliche Situationen aus seinem Privatleben, wenn es der Veranschaulichung dient. Die Lebendigkeit und Offenheit in der Darstellung von Therapiesituationen erinnert an Gestalt-Therapie in Aktion von Frederick S. Perls. Die besonderen Kommunikationstechniken, die Alon Gratch anwendet, um Männern zu helfen, empfiehlt er auch Laien, da die Liebe jedes Menschen heilende Wirkungen haben kann. Helfende Unterstützung wird natürlich umso leichter gelingen, je mehr Vorwissen und Erfahrung bereits vorhanden ist. --Stephan Schmidt Quelle:
|