"Lernen von den Alten" könnte das Motto dieses Sammelbandes lauten, denn keiner der Autoren ist unter 50. Auf Symposien der Firma McKinsey haben sich Vertreter verschiedener Fachrichtungen so ihre Gedanken über den "Bildungsstandort Deutschland" (Vorwort der Herausgeber) gemacht. An ökonomische Sicht- und Sprechweisen gibt es dabei keine allzu großen Zugeständnisse, am ehesten noch beim Historiker Johannes Fried. Er benennt Konkurrenz und fortwährendes Wachstum als zentrale Elemente der "seit Jahrmillionen"(!) bestehenden Wissensgesellschaft, gleichzeitig sei Wissen "unkalkulierbarer als eine Wettervorhersage" und "auf seine Weise brandgefährlich". Das weiß auch der Genetiker Klaus Rajewsky, dennoch bezieht er seine Forscher-Ethik mehr auf die einwandfreie Methodik als auf die Abschätzung der Technikfolgen -- und erntet sogleich Widerspruch von Zygmunt Bauman. Am konkretesten wird es in bildungspolitischer Hinsicht, wenn Jürgen Baumert die Ergebnisse der TIMMS-Studie referiert und große Fragezeichen hinter den deutschen Mathematik-Unterricht setzt. Thesenhaft zugespitzt philosophiert Jürgen Mittelstraß über die wachsende Kluft zwischen Verfügungswissen (ungeordnete Information) und Orientierungswissen (ordnende Gewissheiten), während der Soziologe Hans Joas zwar eine interessante Gegenposition zu Richard Sennetts Der flexible Mensch bezieht, aber sein Thema -- "Wertevermittlung in einer fragmentierten Gesellschaft" -- gleichwohl verfehlt. Rhetorisch durchdacht, didaktisch gut vereinfacht -- Wolf Singers Bericht ("Was kann ein Mensch wann lernen?") zu den neuesten Erkenntnissen der Hirnforschung ist der beste und vermutlich zukunftsweisendste Beitrag. Resümee: Der Band gehört nicht zu den Schnellschüssen nach dem PISA-Schock und bietet alles in allem ein schmackhaftes Ideen-Potpourri, allerdings gestreckt mit nicht ganz Durchgegartem und aufgewärmten Resten (im abschließenden Manifest finden sich wortwörtliche Wiederholungen aus den Aufsätzen). So richtig satt wird man davon nicht, aber mehrere kleine Mahlzeiten sind ja sowieso gesünder. --Patrick Fischer Quelle:
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