Jan Takatsch hat ein Problem. Noch vor Morgengrauen stolpert der „passionierte Wilderer tschechischer Herkunft“ über den leblosen Körper des Frederic von Tatzmannsdorf, seines Zeichens ungarischer Adel und Klavierspieler mit Talent. Am gerade anbrechenden Tag sollte er eigentlich Prinzessin Anne-Sophie von Hohensinn heiraten, die zu ihm passt wie die Faust aufs Auge, weil sie hervorragend Cello spielen kann. Die Hochzeitsgesellschaft ist schon auf dem Schloss versammelt, aber auch Anne-Sophie liegt in ihrem hautengen schwarzen Minikleid und einem leichten Trenchcoat nahezu ohne Puls am Ende eines Schneebretts, auf dem sie nach einer Intrige ihrer neidischen Schwester Charlotte (und nach einer ausgelassenen Party am Vorabend) einen Gutteil des Schwarzenbergs hinabgerutscht war. Aus der Hochzeit wird also vorerst nichts. Denn Anne-Sophie liegt im Koma. Und Wilderer Takatsch schultert Frederic von Tatzmannsdorf und wuchtet ihn auf den Rücksitz seines alten Lada: „Da, wo er sonst frisch geschossenes Wild versteckte“, heißt es im Roman, „lag nun ein ohnmächtiger Baron“. Natürlich können Frederic von Tatzmannsdorf und seine Anne-Sophie am Ende wieder gemeinsam Cello und Klavier spielen. Was bis dahin passiert, breitet Bestsellerautorin Hera Lind genüsslich aus in ihrem Fürstenroman. Da wird „die ganze Fürstensülze“ der Groschenromane durch den Kakao gezogen und jedes Klischee oberflächlicher, arroganter, dummer oder schwuler Adelszunft oder die Ideale der schwülstigen Bergromantik bedient: „Halt volle Möhre das Försterklischee“. Den Spaß, den Lind beim Schreiben hatte, merkt man ihrem Roman auf jeder Seite an. Ob die Autorin dabei eine satirisch-ironische Absicht verfolgt, wird nicht ganz klar, ist aber auch eigentlich egal. Denn Fürstenroman liest sich durchaus witzig und vergnüglich. Auch wenn Lind das fulminante Tempo des Anfangs, der zwei zufällig in eine Adelsfeier geratene Damen aus dem Ruhrpott auf einer Toilette mit der Crème de la Crème der Gesellschaft des Salzkammerguts konfrontiert, nicht durchhalten kann und ihr Buch die ein oder andere Länge hat: die Lektüre lohnt sich allemal. --Isa Gerck Quelle:
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