Geschichten wie Meditationen. Oder Kreuzwegstationen. Nichts entgeht Maarten auf seinem Spaziergang ĂŒber den Friedhof. Der Molch, der ĂŒber den Weg huscht, das seltene Glaskraut, das in alten Mauerritzen ĂŒberlebt hat, alles ist plötzlich hochwichtig geworden. Die Furchen, die der Vater letzten Samstag noch in die Wege harkte. Der Vater! Sein Leben lang arbeitete dieser ewig fluchende, aber liebe Grobian als Grabmacher auf dem Friedhof, nun ist er selbst auf den Tod erkrankt. Krebs im Endstadium, ein halbes Jahr höchstens noch, lautete die Diagnose. Und nur der Sohn kennt die Wahrheit. Dem NiederlĂ€nder Maarten 't Hart ist ein Erinnerungsbuch an seinen Vater Pau gelungen, wie es sich zarter und schmerzlicher kaum denken lĂ€sst. "Schisshase", vom Vater seiner mangelnden DurchsetzungsfĂ€higkeit wegen oft gehĂ€nselt, steht nun vor einer quĂ€lenden Entscheidung. Hat er die moralische Verpflichtung, den Todgeweihten von seinem unabwendbaren Schicksal zu unterrichten oder darf Verschweigen zugunsten einiger Monate in friedlicher Unkenntnis als die humanere Lösung gelten? Da bietet auch sein geliebter Bach, Meister in Todesfragen, keinen Trost mehr. In diesem so schlagartig verdĂŒsterten Sommer des Jahres 1973 begibt sich Maarten zurĂŒck auf eine denkwĂŒrdige Erkundungsfahrt in seine von calvinistischer Strenge geprĂ€gten Kindertage. Nach und nach erschlieĂt sich ihm die schrullige Welt des stets fremd gebliebenen, aber geliebten Vaters -- bis ein Abschied möglich scheint. In diesen lose zusammenhĂ€ngenden Geschichten um Schuldverstrickung, Tod und dessen Verarbeitung zeigt sich eine EmpfindungsschĂ€rfe, wie sie in der heutigen Literatur kaum noch anzutreffen ist. Trotz des groĂen tragischen Anlasses sind es im Grunde oft humorige Kleinstgeschehnisse, die erst durch Maartens philosophische Brille zu Betrachtungen von universeller GröĂe geraten. Das ist schön, das ist traurig, das ist selten geworden. --Ravi Unger Quelle:
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