"Was gut ist für General Motors", so lautete früher eine in den Vereinigten Staaten weit verbreitete Volksweisheit, "ist auch gut für die USA". Mit Blick auf Italien und bezogen nicht auf General Motors, sondern auf die Ende des 19. Jahrhunderts von Giovanni Agnelli gegründete Fabrica Italiana Automobili Torino (FIAT) gilt diese Weisheit im übertragenen Sinne noch heute. Und so ist die von dem Kulturwissenschaftler und Journalisten Vito Avantario vorgelegte Familiengeschichte über die heimlichen Herrscher Italiens nicht nur zugleich eine Geschichte des Fiat-Konzerns, sondern auch eine Geschichte Italiens im 20. Jahrhunderts -- und eine lesenswerte zumal! Beleuchtet werden die bekannten und die weniger bekannten Details der fassettenreichen Familienchronik gleichermaßen. Der Autor zeichnet ein sehr deutliches Bild von der Verstrickung der Agnellis in den Faschismus und von den mannigfachen Verbindungen zu den verschiedenen, auch den korrupten Regierungen der Nachkriegszeit. So wurde 1995 mit der 1922 geborenen Journalistin und Schriftstellerin Susanna ein Mitglied der Familie als Außenministerin selbst Regierungsmitglied. Den Rahmen bildet das Schicksal des "schwarzen Schafes" der Familie, Edoardo Agnelli, der sich im November 2000 das Leben nahm. Ein ebenso kurzweiliges wie gut recherchierten Buch, das am konkreten Beispiel die besondere Bedeutung der Familie für das italienische Gesellschaftssystem verständlich macht. Einzig beim Blick auf die gegenwärtige wirtschaftliche Situation des Fiat-Konzerns ist der Autor der Rhetorik der PR-Abteilung des Konzerns aufgesessen. Anders lässt sich die von der Berichterstattung seriöser Wirtschaftsmagazine abweichende, etwas zu rosige Einschätzung der Gewinnsituation des Konzerns am Ende des Bandes kaum erklären. --Andreas Vierecke Quelle:
|