Der aus nationaler Selbstüberschätzung geborene Drang, Großmachtpolitikum jeden Preis zu treiben, ist das gemeinsame Merkmal der europäischenMächte in der imperialistischen Ära, d. h. in der Zeit vom letzten Jahrzehntdes 19. Jahrhunderts bis zum Ende des Ersten Weltkrieges. Hintergründeund historische Erscheinungsform des Imperialismus sind Gegenstand diesesBandes. Sein Verfasser, Professor Wolfgang J. Mommsen Universität Düsseldorf,der sich vor allem mit seinen Arbeiten über Max Weber einen Namen gemachthat, verwirklicht hier eine neue Kombination von sozialgeschichtlicherund politikgeschichtlicher Betrachtungsweise. Im ersten Teil seines Buchesführt er die entscheidenden politischen Ideologien, ihre Entwicklung undihre praktisch-politischen Auswirkungen vor. Seine Aufmerksamkeit giltsodann den gesellschaftlichen Wandlungen, die sich als Folge der Industrialisierungeinstellten, und den damit zusammenhängenden Sozialproblemen. Im zweitenTeil analysiert Mommsen die Struktur der europäischen Staaten der Vorkriegszeit.Er läßt dabei - im Gegensatz zu der für diesen Zeitraum herkömmlichen Betrachtungsweise,die den Akzent ganz auf die Außenpolitik legt - innere und äußere Politikder einzelnen Staaten in ihrer Verzahnung sichtbar werden. Eingehend wirdder Wettkampf der europäischen Mächte um die Kolonien - ein Hauptaspektdes Imperialismus - geschildert. Die Wandlung des nationalen Gedankenswird deutlich seiner ursprünglichen idealen Zielsetzung, seines humanenCharakters entkleidet, verbindet er sich mit der Machtidee. So wird dieAkkumulierung neuer, unheilvoller politischer und militärischer Energienmöglich, deren Freisetzung Europa schließlich in den Ersten Weltkrieg unddamit an den Rand des Zusammenbruchs führte. Den Ursachen und dem Verlaufdes Krieges, der in seiner Folge auftrete ... Quelle:
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