Am 26. Juni 1919 unterzeichnete die deutsche Delegation im Spiegelsaal des Schlosses den Friedensvertrag von Versailles -- an eben jenem Ort, an dem knapp 50 Jahre zuvor das deutsche Kaiserreich ausgerufen worden war. Das "Diktat von Versailles" versetzte der noch jungen Weimarer Republik, deren Verfassung zur gleichen Zeit im Sommer 1919 verkündet wurde, einen schweren Schlag. 1918 hatten Reichsleitung und die große Mehrheit der Bevölkerung die demokratische Regierungsform gewissermaßen als Preis für einen gerechten Frieden, wie US-Präsident Wilson ihn in seinen "Vierzehn Punkten" versprochen hatte, akzeptiert. Aus diesem gerechten Frieden wurde aber nichts: Stattdessen kamen Versailler Vertrag, Reparationen, Gebietsabtritt, jahrelange empfindliche außenpolitische Diskriminierungen, die als Demütigungen empfunden wurden. Die Revision von Versailles wurde zur einzigen, wenngleich negativen Forderung, die alle Parteien umfasste. Erfolg aber hatte schließlich diejenige Partei, die die Beseitigung des Friedensvertrages mit der Beseitigung der parlamentarischen Demokratie verband. Der Vertrag war von Anfang an heftig umstritten. Sebastian Haffner verglich dieses Produkt "alliierter Torheit und deutscher Schwäche" mit einem Strafurteil. Andere sprachen von "Siegerjustiz" oder gar von der "kolonialen Unterjochung" Deutschlands (Lenin). Und den britischen Ökonomen John M. Keynes, der an der Friedenskonferenz als Delegierter teilnahm, beschlich angesichts der "unausführbaren" Bedingungen, die Deutschland von den Siegern auferlegt wurden, "das Gefühl einer unabwendbaren Katastrophe". Er sollte Recht behalten. Der Versailler Vertrag, der den Ersten Weltkrieg beendete, trug den Keim eines noch verheerenderen Krieges in sich. Der vorliegende Band -- die Originalausgabe erschien 1978 -- enthält den vollständigen Vertragstext plus ergänzender Dokumente zur Vorgeschichte und zum Verlauf der Pariser Friedenskonferenz. Im letzten Kapitel findet sich noch eine Auswahl von Texten einiger mehr oder minder prominenter Zeitgenossen, die allenfalls ein ungefähres Stimmungsbild der damaligen Zeit vermitteln. Neue Erkenntnisse liefern sie nicht. --Stephan Fingerle Quelle:
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