An einem schönen Sonnentag saß Franz Marc mit Wassily Kandinsky in einer schattigen Gartenlaube im bayerischen Sindelsdorf und trank Kaffee. Hier planten sie einen Almanach mit Texten und Bildern, die ihre Ideen von einer neuen Kunst möglichst vielen Menschen nahe bringen sollte. Nur ein Titel fehlte ihnen noch. Dann fiel Marc und Kandinsky plötzlich der Name „Der blaue Reiter“ ein. „Beide liebten wir Blau“, sagte Kandinsky später, „Marc – Pferde, ich – Reiter. So kam der Name von selbst. Und der märchenhafte Kaffee von Frau Maria Marc mundete uns noch besser“. Seine Vorliebe für Blau hat Franz Marc Zeit seines Lebens beibehalten, aber auch für alle anderen Farben des Spektrums. Gelbe und rote Vögel flirren auf seinen Bildern durch die geometrisch zerklüfteten Lüfte, gelbe Tiger oder grüne Kühe, die pure, sanft auf der Leinwand zurückgehaltene Energie zu sein scheinen. Dies zeigt auf rund 340 Seiten mit fast 390 größtenteils farbigen, sehr gut reproduzierten Abbildungen der eindrucksvolle Band Franz Marc. Die Retrospektive, der in Zusammenarbeit mit der Städtischen Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München -- der ersten Adresse für Gemälde des Blauen Reiters also -- entstand. Aber er zeigt auch den unbekannten, frühen Marc, der noch ganz im idyllisch-realistischen, fast schon biederen verhaftet war, bevor seine Palette um 1910 förmlich explodierte. „Gib deiner Zeit Tiere, vor denen man noch lange steht“, hat August Macke in einem Brief an Marc im Dezember 1910 einmal geschrieben, und Marc hat den klugen Rat beherzigt. Die Faszination, die schon damals von Marcs träumenden Pferden und gelben Kühen ausging, hat die Zeiten überdauert. Nicht zuletzt dies zeigt dieser schöne, bunte, prächtige und mit zahlreichen kundigen Beiträgen versehene Band. --Stefan Kellerer Quelle:
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