"Meine Kunst ist mein Weib", schrieb Michelangelo Buonarroti (1475-1564) zur Mitte des 16. Jahrhunderts, "mehr als genug, denn sie hat mich zeitlebens gequält. Und meine Kinder sind meine Werke, die ich hinterlasse". Dann übte er sich in falscher Bescheidenheit: "Sollen sie auch nicht viel taugen, so werden sie doch eine Weile leben". Wie lebendig nicht nur die Werke des Universalgenies bis heute wirken, zeigt anschaulich der hochwertig gedruckte, klug zusammengestellte und höchst informative Sammelband zur Kunst der Renaisance im Kölner Dumont Verlag. Ein kleines, wohlfeiles Museum in Buchform, das dem Betrachter in 100, mit je einem Gemälde geschmückten Räumen die faszinierende Bandbreite künstlerischer Schöpferkraft des 16. Jahrhunderts vor Augen führt. Jedem Jahr ist hier ein herausragendes Bild gewidmet: Da steht die sanfte Anmut der italienischen Maler Raffael, Giorgione und Tizian gegen die kühle Eleganz der Franzosen Francois Clouet und Antoine Caron und die symbolisch überhöhte Dramatik der deutschen Meister Matthias Grünewald, Albert Altdorfer und Hans von Aachen in starkem Kontrast zur teils derben Fleischlichkeit der flämischen bzw. niederländischen Künstler Joachim Beuckelaer und Pieter Brueghel d.Ä., die wiederum auf die Bologneser Kunst eines Bartolomeo Pasarotti wirkten. Ähnlichkeiten und Besonderheiten werden derart Seite für Seite offenbar. Darüber hinaus eröffnen die kundig einführenden Begleittexte von Ulrich Pfisterer und Anna Rühl einen teils überraschenden Blick auf die überaus fruchtbare Liaison von Kunst und Künstler in Hochrenaissance, Manierismus und Frühbarock -- und zeigen, wie viel die daraus hervorgegangenen Meisterwerke als Hinterlassenschaft auch nach vier Jahrhunderten noch taugen. --Thomas Köster Quelle:
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