Eigentlich beginnt alles wie in Franz Kafkas grandioser Erzählung Die Verwandlung. Bereits der erste, überraschend klare und zugleich verstörende Satz klingt so, als sei er aus der Feder des großen Prager Schriftstellers entsprungen. „Als Katagiri in seine Wohnung kam“, heißt dieser Satz, „wartete dort ein riesenhafter Frosch auf ihn.“ Danach kann man sich der Lektüre einfach nicht mehr entziehen. Aber wir sind in der Welt des japanischen Autors Haruki Murakami, der sich -- das zeigt nicht zuletzt die Geschichte Frosch rettet Tokyo, der dieser Satz entstammt -- nicht nur durch die europäische Literaturgeschichte gelesen hat. Murakami versteht es auch meisterhaft, die Trivialmythen seiner eigenen Kultur in Hochliteratur zu verwandeln. Und so geht es in Frosch rettet Tokyo weiter wie im besten Godzilla-Film, der den Kampf mutierter Giganten zum Thema hat. Denn der immerhin zwei Meter große Frosch unterbreitet dem verdutzten Beamten nicht nur, dass er von seiner Umwelt hoffnungslos unterschätzt sei. Er offenbart ihm auch, dass Tokyo von der zerstörerischen Kraft eines riesenhaften Wurms heimgesucht werden würde, die den Normalsterblichen wie ein riesiges Erdbeben erscheinen müsse. Nur er in Personalunion mit Herrn Katagiri könne das Desaster aufhalten, indem beide gemeinsam in den Untergrund der Großstadt hinabsteigen und den Kampf gegen den Wurm und seine Insektenarmee aufnehmen würden. Aber dann kommt ein Wahnsinniger mit einer Waffe der Rettung Tokyos fast noch in die Quere… So herrlich skurril und geheimnisvoll wie Frosch rettet Tokyo kommen auch die anderen beiden Erzählungen Murakamis daher, die in dem Band versammelt sind, wobei die letzte (Birthday Gilr) ins Märchenhafte abgleitet. Sie alle belegen die große Meisterschaft ihres Verfassers. Weltliteratur in kleinen Häppchen, ideal, um einen großen Autor zu entdecken. -- Stefan Kellerer Quelle:
|