Für viele deutsche Fernsehzuschauer war er das Gesicht des Irak-Kriegs: Ulrich Tilgner, der Korrespondent des ZDF in Bagdad. Nun berichtet Tilgner erneut über den Feldzug gegen Saddam Hussein -– diesmal in Buchform. Der TV-Journalist hat sich zum Ziel gesetzt, mit der Aufarbeitung des Krieges zu beginnen. Zwar weiß auch Tilgner, dass die Perspektive eines Reporters vor Ort begrenzt ist. Dennoch zeigen seine scharfen Beobachtungen und kenntnisreichen Analysen die Vorgänge im Irak in erschreckend klarem Licht. Unter militärstrategischen Gesichtspunkten war der schnelle Vormarsch der Amerikaner ein Erfolg, das räumt Tilgner ein. Doch der Preis für diesen Erfolg war hoch. Anders als von den USA suggeriert, kamen keinesfalls überwiegend Präzisionsbomben zum Einsatz. Die Mehrzahl der Geschosse war konventioneller Art. "Die Folgen der mangelnden Präzision sind grausam", schreibt Tilgner und berichtet in anschaulichen Reportagen von den zahlreichen Opfern unter der irakischen Zivilbevölkerung, etwa als fehlgeleitete US-Raketen auf Marktplätzen in Bagdad einschlugen und ein Blutbad anrichteten. Ähnlich verheerend fällt Tilgners Urteil über die Nachkriegspolitik der USA aus: Die Besatzungstruppen bezeichnet er als "unfähig, die politischen und sozialen Alltagsprobleme Iraks auch nur im Ansatz zu lösen". Ausführlich widmet sich Tilgner den Bedingungen, unter denen er während der Angriffe berichten konnte. So intensiv wie selten zuvor versuchten die Krieg führenden Parteien, Journalisten für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Die USA hätten den Irak-Feldzug sogar als regelrechten "Informationskrieg" geführt, schreibt Tilgner: Zeitpunkt und Ziel der Angriffe seien "auch von Kamerapositionen und Sendeterminen bestimmt" worden. Tilgners Buch ist der Augenzeugenbericht eines erfahrenen Reporters. Der Autor bemüht sich um einen präzisen Blick auf die Kriegs- und Nachkriegsrealität, unverstellt von Propaganda. Das bleibt auch nach dem Ende der Angriffe lesenswert, zumal Tilgner vermutet, dass der Irak-Feldzug nur der Auftakt war für weitere Krieg nach ähnlichem Muster. --Christoph Peerenboom Quelle:
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