Das Buch: eine Überraschung, eine Entdeckung, ein Kleinod, das einen zum Wundern, zum Schmunzeln, zum Erstaunen, Nachdenklichwerden bringt. Gefühle von Schönheit und Bedrohung, Vertrautheit und Befremdung steigen im Betrachter hoch. Und das alles auf nur 60 Seiten und ohne ein einziges Wort. Kiefer entfaltet hier das Titelmotto zu einer Vision: aus Städten wird Gras, zurück zur Natur. Den Anfang machen dabei auf je einer Doppelseite schwarzweiße Abbildungen von Städten in ihrer modernen Variante: Großstädte. Weite Baulandschaften, mit Hochhäusern als Herzstück in ihrer Mitte und einer sich schier ins endlose ausdehnenden Dimension. Brücken, Straßen, geduckte Vorstadtsiedlungen, alles zu einer grauen Betonmasse verschmolzen, die unausweichlich und unentrinnbar erscheint, die ihre Grauheit auch auf Farbfotos nicht verlieren würde. Das befremdlich Gefühl beim Betrachten dieser Bilder löst aber etwas anderes aus: Kiefer hat jedes Foto "befleckt", mal dichter, mal vereinzelter hat er die Bilder mit Farbspritzern übersät, die in neutraler Farbe und in ihrer Konsistenz das Gefühl von organischem Material hinterlassen. Die Deckkraft der Farbspritzer wird von Seite zu Seite dichter, bis der Kulminationspunkt erreicht wird mit einem Bild, auf dem jegliche Form überdeckt wird, ja geradezu unter sich begräbt. Langsam kommen Farben in den Bildhintergrund. Von Seite zu Seite, von Bild zu Bild erwachsen nun aus dem flächendeckenden, alles unkenntlich machenden Überzug wieder Formen. Aus dem Nichts, der Überwucherung, wachsen langsam Formen, schälen sich Blumen: Zeugen der Unverwüstlichkeit und Schönheit der Natur. Obwohl nun die Blumen die alles überwuchernde Kraft sind, ist das Gefühl der Bedrohung verschwunden. Die roten und pastelligen Farbtöne hinterlassen dieses Gefühl: es ist gut, dass über euren Städten Gras wachsen wird. --Roswitha Wille Quelle:
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